Klassiker

AC 427/428 Frua – die logische Folge

Die AC 427/428 Frua waren quasi Cobras im Gran-Turismo-Gewand. So richtig erfolgreich waren sie aber deshalb nicht.

Veröffentlicht am 27.08.2022

Allgemein wird die Geschichte gerne so erzählt: AC verdiente Mitte der 60er Jahre gutes Geld, weil man Shelby die Basis für seine Cobra liefern konnte. Und deshalb seien die Gebrüder Hurlock Mitte der 60er Jahre auf die Idee gekommen, aus der Cobra doch ein ein komfortableres, grösseres Auto zu konstruieren, jenes, das dann ab 1965 als AC 427 oder AC 428 (je nach Motorisierung) oder auch AC Frua bekannt wurde.

Die andere Geschichte

Nun, das stimmt so nicht. Schon 1962 konstruierte AC einen Prototypen mit der Bezeichnung MA-200, ein wunderschönes Cabriolet, das so ziemlich alles vorwegnahm, was später der AC 428 (wir wollen uns auf diese Bezeichnung beschränken) ausmachte. Mit Ausnahme des Motors, da musste zu Beginn einer der eigenen, als Flat-Six bekannten Zweiliter hinhalten (der später dann einem Ford-289er wich). Warum AC das eigene Projekt nicht weiter verfolgte, darüber lässt sich heute nur noch spekulieren. Aber einfach noch zur zeitlichen Einordnung: Von AC wusste Shelby 1962 wohl noch nichts, die Geschichte mit der Cobra begann erst später.

Wahrscheinlich waren aber Shelby und der Erfolg der Cobra schuld, weshalb die Gebrüder Hurlock das Projekt MA-200 nicht weiter verfolgten: die Geschäfte liefen zu gut, die Kapazitäten für ein eigenes Fahrzeug waren zu gering. Dass AC dann nur drei Jahre später, unterdessen über die Erfahrungen mit der Cobra reicher und auch fähig, sich selber die feisten 7-Liter-Ford-Motoren zu beschaffen, MA-200 quasi völlig vergessen hatte und nochmals von vorne begann, ist irgendwie unerklärlich. Und auch schade.

Noch ein Frua

Aber es war halt damals im angelsächsischen Raum Mode, sich seine neuen Autos in Italien einkleiden zu lassen. Anscheinend wandten sich die Hurlocks zuerst an Bertone, doch da gab man vor, keine Kapazitäten mehr zu haben. Über Kontakte des bekannten Schweizer Rennfahrers Hubert Patthey, der die AC auch importierte, kam AC schliesslich, wie so viele andere, zu Pietro Frua. Und auch wenn wir hier die Verdienste des Italieners beim besten Willen nicht schmälern wollen, er hat Grossartiges geleistet, so hatte sein Vorschlag für die Engländer doch ziemlich viel von anderen seiner Entwürfe, etwa vom Maserati Mistral. Das Gute aber war: Frua konnte schnell liefern, sowohl ein Coupé wie auch ein Cabriolet.

Im Mai 1965 lieferte AC ein Chassis einer Cobra 427 mit 152 Millimeter mehr Radstand nach Turin. Schon im Oktober stand ein erster fahrfertiger Prototyp, CF1, ein kastanienrotes Cabriolet, auf der London Motor Show. Bis das Fahrzeug dann aber serienreif war, dauerte es noch ein Jahr (Paris im Oktober 1966, CFX 2; das erste Coupé folgte dann 1967 in Turin), denn ganz so einfach war das alles nicht. Weil der AC 428 (der damals noch ein 427 war) doch deutlich schwerer war als die Cobra, musste noch fleissig an Federung, Stossdämpfern und auch den Reifen gearbeitet werden. Ausserdem musste der Kühler versetzt werden, weil es im Fussraum zu warm wurde, es gab einen zusätzlichen Ölkühler und zusätzliche Luftöffnungen hinter den vorderen Radkästen.

Kein Erfolg

Der Produktionsaufwand war gewaltig. AC lieferte das Chassis per Zug nach Turin, wo bei ILCA Maggiora in Moncalieri dann im Auftrag von Frua die Karosserie aufgesetzt wurde. Die unlackierten Fahrzeuge gingen dann wieder nach England zurück, wurden lackiert und komplettiert. Die ersten Exemplare erhielten noch den 427er-Motor, also: die Renn-Maschine mit etwa 390 PS. Ab Chassisnummer CF 6 wurde dann der 428er-Motor installiert, mit noch etwa 345 PS. Geschaltet wurde über ein manuelles 4-Gang-Getriebe von Ford oder, weit häufiger, über einen 3-Gang-Automaten.

Der aufwendige Produktionsprozess war dafür verantwortlich, dass die AC 428 so richtig teuer waren, 4050 Pfund für das Coupé, 200 Pfund für das Convertible. Wohl auch deshalb kamen die AC, von denen wahrscheinlich 29 Cabriolet und 49 Coupé produziert wurden, nie so recht vom Fleck. 1973 wurde die Herstellung eingestellt, einen direkten Nachfolger gab es nicht.

Text: ai-online-Team, Photos: RM Sotheby’s

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