Schon gefahren

Citroën C5X - eine etwas spezielle Mischung

Der Citroën C5X ist Kombi und SUV. Oder beides irgendwie nicht - Citroën geht wieder einmal seine eigenen Wege. Was er auf jeden Fall ist: sehr komfortabel.

Veröffentlicht am 10.03.2022

Schon in den letzten Jahren bei PSA war die Position von Citroën sehr schwierig zu definieren. Zeitweise musste gar befürchtet werden, dass der französische Traditionshersteller zur Billigmarke abgestuft wird, als Konkurrenz zu Dacia. Im Stellantis-Konglomerat dürfte es für die einstigen Avantgardisten nicht einfacher geworden sein, die Plätzchen an der Sonne sind verteilt (ganz oben Maserati, darunter dann Alfa Romeo, Peugeot und wohl noch ein bisschen Jeep, allenfalls auch Lancia) - und der grosse Rest, allen voran Fiat und eben Citroën, werden dann in Zukunft schauen müssen, welche Brosamen noch übrig bleiben. Dass Über-Chef Carlos Tavarez auch noch Linda Jackson, die Citroën behutsam und clever durch manchen Sturm der vergangenen Jahre gebracht hatte, an die Spitze von Peugeot beordert hat, wird auch nicht allerorten als gutes Zeichen gewertet. An der Spitze der Franzosen steht jetzt Vincent Cobée, zuvor eher unauffälliger Stellvertreter von Jackson, aber immerhin mit viel Erfahrung bei Nissan, Datsun, Mitsubishi und Brückenbau. Cobée, das darf aber auch geschrieben sein, ist sehr eloquent, hands on, tief drin in der Materie - jene Art von Manager, für die Tavarez ein gutes Händchen zu haben scheint.

Citroën C5X mit aussergewöhnlichem Design

Derzeit schreibt sich Citroën zwei Themen auf seine Fahnen, die den ganz grossen Unterschied zu allen anderen Herstellern ausmachen sollen: Komfort (dazu weiter unten noch mehr) und Kunden-Service. Nun, dass der der Kunde im Mittelpunkt stehen soll, das sollte eigentlich selbstverständlich sein, aber wenn die Franzosen alles durchziehen, was sie sich vorgenommen haben, dann könnte da tatsächlich etwas entstehen, was nach Verbesserung riecht. Andererseits ist Citroën wohl auch ein bisschen das Versuchskaninchen des Stellantis-Konzern, ein erster Versuch, gewisse Modelle ausschliesslich online anzubieten (in diesem Fall der rein elektrische Ami), wird als gelungen betrachtet. Es wird also auf dieser Linie weitergehen - wie weit, das lässt sich derzeit noch nicht abschätzen. Was auch schon läuft: der so genannte Video Check, eine direkte Online-Verbindung zwischen Garage und Kunde, während der ein Mechaniker dem Besitzer des Wagens erklärt, welche Arbeiten unbedingt ausgeführt werden müssen. Alfa Romeo wird das in Zukunft übrigens auch anbieten, es bestehen also durchaus Synergien innerhalb des Konzerns.

Das aktuelle Programm von Citroën ist, hmm, etwas speziell. Der C1 ist erst vor ein paar Wochen still und leise ausgelaufen, gleiches blüht bald auch dem C4 Spacetourer; der C3 ist einigermassen unverändert seit 2016 auf dem Markt. Es gibt dazu noch die beiden SUV C3 Aircross und C5 Aircross, dazu die ewigen Bestseller Berlingo und Spacetourer, die aber mehr zu den Nutzfahrzeugen gehören. Und dann ist da noch das, was wir hier als neue Welle bezeichnen möchten, der C4 und ab sofort der C5X, um den es hier geht. Neue Welle? Citroën geht bei beiden Fahrzeugen einen aussergewöhnlichen Weg, der C4 ist eine eigenartige Mischung aus Coupé und Crossover, beim C5X ist die Mischung noch wilder, Sedan, Kombi, SUV, von allem mehr oder weniger oder dann halt nicht. Ob die Franzosen damit optisch einen breiteren Geschmack treffen, wird sich noch zeigen müssen, aber das ist sich die Marke mit dem Doppelwinkel ja seit dem 2CV gewohnt, nicht einmal die ewige Göttin DS wird von allen geliebt.

Fast wie früher

Einen C5 gab es schon einmal, von 2001 bis 2017, nach dem Tod des C6 (2005 bis 2012) war er das Top-Modell - und der letzte Citroën mit hydropneumatischer Federung. Nein, man braucht sich keine Hoffnungen zu machen, dass die «fliegenden Teppiche» je wieder zurückkommen, obwohl sich Citroën ja Komfort ganz oben auf seine Fahne geschrieben hat. Beim C5X gehen die Franzosen aber doch so weit, dass sie die schon bekannte progressive Federung mit den Luftkissen auch noch mit einem aktiven System verbinden. Man darf etwas erstaunt sein, dass da nicht gleich das Fahrwerk aus dem DS9 verwendet wird, bei dem eine Kamera versucht, Strassenunebenheiten zu erkennen und vorab für maximalen Federungskomfort zu verarbeiten. Wahrscheinlich ist aber die Citroën-Lösung günstiger - und weil sie beim C5X auch prächtig funktioniert, auch die richtige Wahl.

Er ist nämlich tatsächlich ausserordentlich komfortabel, der neue Citroën. Im Zusammenspiel mit den Sitzen, in die man tief einsinkt, ergibt das ein sehr angenehmes Gleit-Gefühl - es ist fast wie Schweben (aber ohne das Schaukeln von früher). Wenn man es nicht zu grob treibt auf der Gasse und sich auch nicht weiter wundert über doch beträchtliche Wankbewegungen, dann ist man im C5X genau richtig. Und weil man heut ja eh mehr im Stau steht als die schöne, kurvige Bergstrasse frei vor sich hat, dürfte der Weg der Franzosen für viele Kunden der genau richtige sein. Aber eben, sportliche Ambitionen sollten sie dann nicht haben. Obwohl die Lenkung mehr als ausreichend präzis ist und die Bremsen fein dosierbar sowie standfest.

Gelassenes Reisen

Er ist ein massiges Gerät, der neue Citroën C5X, über 4,8 Meter lang, mit einem Radstand von 2,79 Metern. Und einen Kofferraum-Volumen von bis 545 Litern (PHEV: 485 Liter). Die Platzverhältnisse sind ausgezeichnet, gerade hinten sitzt man fürstlich. Das ist auch eine Form von Komfort, wenn die Mitreisenden ebenfalls glücklich sind.

Es gibt vorerst drei Motor-Varianten, zwei 1,6-Liter-Benziner mit 130 oder 180 PS, dazu ein Plug-in-Hybrid mit 225 PS Systemleistung. Sprich: genau das Angebot, das man auch aus allen anderen ehemaligen PSA-Marken kennt. Der Citroën muss allerdings mit den günstigen Lösungen auskommen, der PHEV erhält nur die kleine Batterie (12,4 kWh), während der DS9 schon auf einen grösseren Akku zurückgreifen kann. Rein elektrisch soll der C5X 55 Kilometer schaffen - auf der ersten Probefahrt tat er solches bei weitem nicht. Aber man fühlt sich ganz anständig motorisiert mit dem Plug-in. Und zum Charakter des Citroën passt natürlich das rein elektrische, fast lautlose Gleiten bestens.

Mit einem Basispreis für den (sicher nicht übermotorisierten) PureTech 130 (inkl. 8-Gang-Automatik) mit doch schon anständiger Ausstattung von 36'890 Franken macht Citroën im D-Segment eine Kampfansage. Für die Schweiz ist (derzeit) sicher der PHEV die interessanteste Alternative (auch wenn es keinen 4x4 geben wird), da ist man dann mit 45'890 Franken immer noch in einem vernünftigen Bereich; mit Vollausstattung liegt der Preis bei 54'790 Franken, dafür gibt es bei den Premium-Marken nicht einmal einen warmen Händedruck.

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