Comparis-Analyse

Extreme Unterschiede bei Motorfahrzeugsteuern

Bei den Motorfahrzeugsteuern in der Schweiz gibt es immense Tarifunterschiede zwischen den Kantonen. In Genf zahlen Autohalterinnen und Autohalter für einen Audi Q7 rund sechsmal mehr als in Schaffhausen. Zudem nutzen die Kantone die Steuern unterschiedlich als Lenkungsmassnahme: Sieben befreien E-Autos in den ersten Jahren gänzlich von der Steuer. Appenzell Ausserrhoden besteuert derweil den batteriebetriebenen VW ID.3 27 Prozent höher als den gleichwertigen Benziner Golf 1,5 l TSI. Das zeigt eine Analyse von Comparis

Veröffentlicht am 23.02.2021

Für jedes Auto wird eine jährliche Verkehrssteuer fällig. Die Berechnungsgrundlage dafür liegt in kantonaler Hoheit. Daraus resultieren enorme Tarifunterschiede. Je nach Kanton zahlen Fahrzeughalter für denselben Wagen bis zu sechsmal mehr. Das zeigt auf dem Gebührenportal www.comparis.ch. Verglichen wurden die Strassenverkehrssteuern in den 26 Kantonen anhand von sechs Beispielfahrzeugen.

 

Ungleiche Bewertung grosser Autos

Besonders extrem sind die Tarifunterschiede für Modelle der gehobenen Klasse. Für einen Audi Q7 55 TFSI Quattro liegen die Kosten für die Motorfahrzeugsteuer im Kanton Genf bei 2’130 Franken. Schaffhausen, als günstigster Kanton, besteuert das Fahrzeug mit 384 Franken. Das ist fast sechsmal weniger. «Bei der Strassenverkehrssteuer feiert der Föderalismus Urstände. Die Kantone können sie nach Belieben festsetzen und die Einnahmen genauso beliebig ausgeben», beobachtet ComparisGebührenexperte Leo Hug.

 

Appenzell Ausserrhoden besteuert E-Autos höher als Benziner

Schwer nachvollziehbare Auswüchse finden sich bei der Förderung von emissionsarmen Fahrzeugen. Ein Grossteil der Kantone sieht einen Bonus von 25 bis 75 Prozent für E-Autos und für Personenwagen mit einem relativ geringen CO2-Ausstoss vor oder sogar eine gänzliche Steuerbefreiung. Einige kennen aber gar keinen Öko-Bonus für E-Fahrzeuge (AR, AI, LU und SZ). Der Kanton Appenzell Ausserrhoden stellt dieses Bonusprinzip sogar auf den Kopf: Hier liegt die Steuer für den elektrisch betriebenen VW ID.3 bei 684 Franken. Der vergleichbare Benziner Golf 1,5 TSI kostet hingegen nur 538 Franken. Der Steuertarif für das E-Auto ist somit 27 Prozent höher als beim vergleichbaren Benziner.

Ein weiteres extremes Beispiel ist die Besteuerung des Kleinwagens Twingo TCe 95: Im Jura wird der Benziner mit 468 Franken besteuert. Demgegenüber ist er in Freiburg, Glarus, Nidwalden und St. Gallen im Jahr der Erstzulassung gänzlich von der Steuer befreit. Ähnlich verhält es sich beim Golf 1,5 l TSI. In vier Kantonen werden in den ersten Jahren gar keine Steuer erhoben. Aber der Kanton Jura veranschlagt von Anfang an 596 Franken Steuern.

 

Genf schröpft Halter von grossen Benzinern und belohnt schwere E-SUVs

«Verkehrssteuern werden in vielen Kantonen primär für die Strassenfinanzierung genutzt. Sie sind aber auch ein beliebtes politisches Lenkungsinstrument», erklärt Comparis-Experte Hug. Eine wichtige Stellschraube für die politische Lenkung des Motorfahrzeugparks im Kanton sei die Wagengrösse beziehungsweise die Leistung.

Davon macht der Kanton Genf am ausgiebigsten Gebrauch: Besitzerinnen oder Besitzer eines geräumigen Audi Q7 55 TFSI Quattro bezahlen eine zehnmal höhere Steuer als die eines Renault Twingo TCe 95. Moderater ist der Tarifunterschied in den Kantonen Basel Stadt, Jura, Luzern und Zug: Dort kosten die grossen SUVs doppelt so viel wie Kleinwagen.

«Die hohe Besteuerung der grossen und leistungsstarken Benziner im Kanton Genf zeugt von einer radikalen Gesinnung, ist aber nicht konsequent», kritisiert Hug. Denn gleichzeitig befreie Genf schwere E-Cars die ersten Jahre von der Abgabe. «Auch Elektrofahrzeuge belasten die Strassen und schaden durch den Pneuabrieb und die Batterieherstellung der Umwelt», so Hug.

Mehr zum Thema Gebühren auf dem Comparis-Gebührenportal.

 

Text und Grafiken: Comparis

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