Ferrari F80 – 1200 PS Wahnsinn
“Endlich ein normales Fahrgefühl”, sagte Formel-1-Pilot Charles Leclerc angeblich, als er das erste Mal in den Ferrari F80 einstieg. Aber was in der Formel 1 als “normal” gilt, bedeutet für unsereins Wahnsinn.
Kommt er jetzt? Der erste vollelektrische Ferrari Supercar? Spoiler: Nein, er kommt nicht. Zumindest noch nicht. Dafür kommt der Ferrari F80. Ein Ferrari, der den Ikonen GTO, F40 oder LaFerrari alle Ehre macht. Und sie dabei in Sachen Leistung in den Schatten stellt. Statt eines 12-Zylinders hat der F80 einen Dreiliter-V6-Motor an Bord.
Mit 900 PS ist er der Ferrari-Motor mit der höchsten spezifischen Leistung aller Zeiten. Doch das reicht noch nicht: Hinzu kommen drei in Maranello entwickelte Elektromotoren. Also weitere 300 PS durch die rein elektrische Vorderachse (e-4WD) und den Heckmotor (MGU-K) des Hybrid-Systems. Das resultiert in einer Höchstgeschwindigkeit von 350 Stundenkilometern. Hybrid ist auch beim neuen Ferrari “nur” Leistungsunterstützung. Rein elektrisch fahren tut der Ferrari keinen Meter. Aber wen juckt das, wenn man in 2.1 Sekunden von 0 auf 100 ist?
Aerodynamik à la Le Mans
Wenn man von 1’200 Cavallinos spricht, stellt sich unweigerlich die Frage: Wie lässt sich all diese Kraft auf die Strasse bringen? Um das Unmögliche zu erreichen, hat sich Ferrari nicht nur beim Motor vom 499P inspirieren lassen, dem Gewinner der 24-Stunden-Rennen von Le Mans 2023 und 2024.
Elemente wie der dreiflügelige Frontsplitter oder die tiefen seitlichen Lufteinlässe stammen direkt aus der Welt des Rennsports und sorgen für die nötige Aerodynamik. Das Ergebnis ist überwältigend oder eben: Geisteskrank. 1050 Kilogramm Abtrieb bei 250 Stundenkilometern! Mitverantwortlich dafür ist auch ein dynamischer Heckflügel - obwohl man beim LaFerrari damals verkündete, dass die Zeit von Spoilern bei Supercars vorbei sei. Design follows function. Auch bei Ferrari.
Modulo lässt grüssen
A proposito di design: Markant ist die flache Silhouette, die aggressiv geschnittene Front und der breite, bullige Heckbereich. Das Design aus Carbonfaser und Aluminium erinnert stark an die in den 70er Jahren vorgestellte Designstudie Modulo. Ein weisses Objekt, das mehr wie eine fliegende Untertasse aussah als wie ein Ferrari. “Der F80 sieht aus wie ein Raumschiff, flach wie eine fliegende Scheibe”, beschreibt ihn Chefdesigner Flavio Manzoni bei der Präsentation. Laut Manzoni liegen verschiedene Raumschiff-Filme dem Designprozess zu Grunde. Eine wunderbare Vorstellung: Das Elite-Design-Team von Ferrari sitzt im Modulo im Autokino und zieht sich Raumschiff Enterprise rein.
Ma andiamo avanti. Das luxuriöse Innendesign ist klar auf den Fahrer ausgerichtet. Eine Art Single-Seater für zwei Personen. Ferrari nennt das die "1-Plus-Anordnung”. Was das bedeutet? Stellen Sie sich das Cockpit wie bei einem Einsitzer vor, nur dass der Beifahrer ein wenig abseits sitzt, fast als wäre er nicht wirklich eingeladen.
Das macht das Cockpit insgesamt schmaler und vermittelt dem Fahrer ein echtes Rennfahrer-Feeling. Der Beweis? Als Charles Leclerc das erste Mal in den F80 gestiegen sei, meinte er nur: “Endlich ein normales Fahrgefühl.” Normal, unter anderem deshalb, weil er es sich gewohnt ist, in der Mitte zu sitzen. “Und ich muss zugeben, wenn man drin sitzt, vergisst man, dass da noch ein Beifahrer ist.”
Geschenk zum Jubiläum
Der F80 heisst nicht etwa F80, weil er doppelt so viel Power hat wie der F40. F80 steht für 80 Jahre Ferrari. 80 Jahre Familiendynastie, die im Jahr 2027 gefeiert wird. Dann geht auch der letzte F80 vom Band. Ein Geschenk von Ferrari für Ferrari quasi.
Auf jeden Fall fährt der erste F80 Ende des kommenden Jahres aus dem Werk in Maranello. 799 Stück werden weltweit produziert und ausgeliefert. Der Preis liegt bei rund 3,6 Millionen Euro. Wer einen haben will? Fehlanzeige. Alle Fahrzeuge sind bereits reserviert. Schade eigentlich, denn das irrsinnige Raumschiff gefällt uns besser als sein Vorgänger LaFerrari.
Text: Mario Noser
Bilder: Ferrari