Verkehrsrecht

Geblitzt mit Tachoabweichung: Wer haftet

Laura wurde bei einer Radarkontrolle mit ihrem BMW 330 ausserorts statt mit den erlaubten 60 km/h mit 95 km/h geblitzt. Mit 35 km/h zu viel fährt man nicht nur eine saftige Busse ein, sondern auch mindestens drei Monate Ausweisentzug.

Veröffentlicht am 30.07.2023

Die Polizei wollte Laura zunächst nicht glauben, dass ihr Tacho nur, aber immerhin 85 km/h angezeigt haben soll. Dies hätte netto weniger als 20 km/h bedeutet, was eine mehrfach günstigere Busse und vor allem keinen Ausweisentzug zur Folge gehabt hätte. Es ging also um wesentlich mehr, als um die sprichwörtliche Wurst. Was stimmte nun: Die Messung der Polizei oder der Tacho? Die Kurzantwort lautet: beides!

Softwareupdate statt Aussetzer

Die Messung war fehlerfrei: Das Radargerät war geeicht, das Messprotokoll korrekt ausgefüllt, die Polizeibeamtin auf dem Radargerät geschult und damit die Messung von netto 95 km/h korrekt. Aber der Tacho zeigte trotzdem nur 85 km/h an. Des Rätsels Lösung: Der Tacho musste defekt sein. Laura hatte bereits im Vorfeld gemerkt, dass der Tacho hin und wieder fehlerhafte Angaben lieferte. Sie fuhr deshalb direkt nach der Geschwindigkeitskontrolle zur Werkstattgarage. Diese stellte fest, dass mehrere Softwareupdates nicht durchgeführt wurden und die Geschwindigkeitsanzeige tatsächlich Aussetzer hatte. Trotz des defekten Tachos fuhr Laura anschliessend nach Hause.

Einen strikten Beweis für die angezeigten 85 km/h hatte Laura zwar nicht, aber sie wirkte glaubwürdig genug. Immerhin belastete sie sich mit dem «Geständnis» ja selbst. Sie fuhr nicht nur deutlich zu schnell, sondern auch mit defektem Tacho. Das Gesetz schreibt vor, dass Fahrzeuge nur in betriebssicherem und vorschriftsgemässem Zustand gefahren werden dürfen – und dazu gehört auch der Tacho. Dies gilt besonders dann, wenn jemand wie Laura ein Fahrzeug führt, von dem man weiss oder bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit wissen kann, dass es den Vorschriften nicht entspricht. Der Tacho gewährleistet, dass die Verkehrsregeln und Geschwindigkeitsbegrenzungen eingehalten werden. Fährt man zu schnell – oder zu langsam –, können andere Verkehrsteilnehmer gefährdet werden.

Missliche Faktenlage?

Die Staatsanwaltschaft wollte sich nicht auf dünnes Eis begeben und einen Prozess mit ungewissem Ausgang riskieren. Es bestand keine konkrete Gefahr, nur wenig Verkehr, keine Fussgänger, das Wetter war gut, die Strasse trocken. Laura war nicht vorbestraft und es kam niemand zu Schaden. Sie wurde zwar schliesslich wegen mehrfacher Übertretungen des Strassenverkehrsgesetzes – übersetztes Tempo und Fahren trotz des defekten Tachos – schuldig gesprochen.

Fehlerhafte Tempoerkennung: Wer haftet?

Die Busse von 500 Franken zuzüglich der Kosten von 300 taten zwar weh, aber immerhin musste sie den Führerausweis nicht abgeben. Ihr Learning daraus: Fahren Sie nicht mit dem Auto, wenn es nicht korrekt funktioniert und damit die Betriebssicherheit nicht gewährleistet ist. Ob dieser Fall aber für Laura besser ausgegangen wäre, wären die Softwareupdates durchgeführt worden, weiss wohl nur Lauras Gasfuss!

Robin Road dankt seinem Anwaltskollegen Alexander Eckenstein für den Erfahrungsbericht aus dem Fall seiner Klientin und wünscht allen weiterhin eine gute Fahrt!

Rechtsberatung von Robin Road

Dr. Rainer Riek alias Robin Road ist Rechtsanwalt und Notar bei www.zp-law.ch und unter anderem spezialisiert auf Strassenverkehrsrecht. Auf www.driving.legal schreibt er seinen Autoblog. Die auto-illustrierte offeriert allen Abonnenten eine kostenlose Rechtsberatung. Schreiben Sie uns an ai-abo@c-media.ch.

Text: Dr. Rainer Riek alias Robin Road
Bilder: ai-Archiv

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