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Jaguar SS 100 – Die Chefkatze

Der Jaguar SS 100 von 1937 vereint Eleganz und Biss: selten gebaut, im Motorsport erprobt und heute ein gesuchtes Sammlerstück. Chassis 39022 erzählt Geschichte von North Yorkshire bis Mille Miglia.

Veröffentlicht am 18.08.2025

Der Jaguar SS 100 gehört zu den Sportwagen, die mehr sind als lediglich die Summe ihrer Teile. Zwischen 1936 und 1939 gebaut, war er der erste Wagen, der den Namen «Jaguar» trug – eine mutige Entscheidung, die den Grundstein für eine der legendärsten britischen Marken legte. Mit geschwungenen Kotflügeln, langer Haube und tief sitzendem Kühler verkörpert der SS 100 die Essenz eines Vorkriegs-Roadsters: aggressiv, aber elegant, sportlich aber nie ohne Stil.

Zwei Motorvarianten standen damals zur Wahl: ein 2,5-Liter-Reihensechszylinder mit 102 PS oder die stärkere 3,5-Liter-Version mit 128 PS. Letztere erreichte gut 160 km/h Spitze – Zahlen, die in den 1930ern für Respekt sorgten. Mit knapp über 300 gebauten Exemplaren, davon nur 118 mit dem grossen Motor, gehört der SS 100 zu den exklusivsten Sportwagen seiner Zeit. Kein Wunder, dass er bald auf Bergrennen, Rallyes und Rundkursen auftauchte und sich einen Ruf als ernstzunehmender Wettbewerber erarbeitete.

Eleganz mit Biss

Das hier vorgestellte Exemplar mit der Fahrgestellnummer 39022 wurde am 31. Dezember 1937 in Coventry fertiggestellt (als ob an dem Tag jemand gearbeitet hat) und am 12. Februar 1938 über den Londoner Händler Henlys ausgeliefert. Sein erstes Leben begann in North Yorkshire, bevor er bald in die Hände eines Anwalts aus Middlesbrough gelangte. Schon damals legte der Wagen seine Zurückhaltung ab: Unter Fahrern wie Jack Snowdon, Alan Ensoll und John Coverdale war er in Nordengland ein häufiger Gast bei sportlichen Veranstaltungen. Auf dem britischen Kennzeichen GPF 170 sammelte er in den späten 1930er- und 40er-Jahren Motorsportgeschichte – ein Roadster, der nicht nur glänzen kann, sondern auch kämpfen.

In den späten 1950ern verliess er Grossbritannien und gelangte in die USA. Dort gehörte er Jim D. Cox, der ihn in klassischem Cremeweiss erfolgreich bei Wettbewerben präsentierte und sogar einen nationalen Concours gewann. Ende der 1980er kehrte 39022 zurück nach Europa, nahm 1987 unter Terry Cohn an der Mille Miglia teil und trägt seither eine kleine Beule am linken Kotflügel – eine Art stolze «Kampfnarbe» und das sind schliesslich unverwechselbare Charakterzeichen.
1994 fand der SS 100 seinen Weg in die Schweiz, wo er unter fachkundiger Regie umfassend restauriert wurde. Die ursprüngliche schwarze Lackierung wich einem satten Rot, das perfekt mit dem schwarzen Lederinterieur harmoniert. Motor, Getriebe und Chassis blieben original – ein echtes «Matching Numbers»-Fahrzeug, dessen Authentizität durch ein Jaguar Heritage Certificate bestätigt ist. Bis heute ist er Teil einer Schweizer Sammlung, seit über 20 Jahren gepflegt und bewegt, stets in bestem Zustand.

So steht er nun da: ein makellos restaurierter, aber keineswegs steriler Oldtimer, dessen Geschichte sich von den Strassen Nordenglands über amerikanische Concours bis zu den Kurven der Mille Miglia spannt. In ihm vereinen sich die DNA der Marke Jaguar, die Rennleidenschaft der 1930er-Jahre und die Aura eines eleganten wie schnellen Autos. Der SS 100 ist nicht einfach ein Sportwagen – er ist ein Stück lebendige Automobilgeschichte, eine Stilikone mit Biss, die bis heute jede Bühne beherrscht, auf der sie erscheint.
 
 
Text: GAT
Bilder: Christian Lienhard (www.lienhardbildwerke.ch)

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