

Leidenschaft auf Rädern – Motor Valley
Zwischen Bologna und Parma schlägt das Herz der italienischen Mobilitätskultur. Wer auch nur einen Tropfen Benzin im Blut hat, findet hier eine einmalige Dichte an Marken, Mythen und Museen.
Ob auf zwei oder vier Rädern, ob Luxus oder Legende – das Motor Valley der Emilia-Romagna ist ein Sehnsuchtsort für alle, die automobile Leidenschaft als Kunstform und nicht aus reinen Transportgründen verstehen. Es vereint technische Exzellenz, kulturellen Stolz und wenn wir ehrlich sind – auch eine Prise Grössenwahn. Wer hierher kommt, erlebt italienische Leidenschaft auf Rädern.
Bologna – Ducati
Die Reise beginnt in Bologna-Borgo Panigale, Heimat der roten Rennmaschinen aus dem Hause Ducati. Seit 1926 baut man hier Motorräder mit Charakter – laut, leicht, leidenschaftlich. Das Ducati-Museum zeigt nicht nur Weltmeister-Maschinen und technische Meilensteine, sondern auch das besondere Lebensgefühl, nicht einfach nur ein Motorrad zu fahren, sondern ein Stück Italien. Wer tiefer eintauchen möchte, kann eine Werksführung buchen und zusehen, wie aus Metall Emotion wird. Besonders berührend: die Motorsport-Ecke mit den MotoGP-Bikes von Stoner und Dovizioso, sowie die WSBK-Maschine von Bayliss.
Faenza – Scuderia AlphaTauri
Etwas weiter östlich, in Faenza, residiert die Scuderia AlphaTauri – ehemals Toro Rosso. Hier, fernab von Monacos Glanz, wird Formel-1-Handwerk gelebt. Seit 2006 formt man hier junge Talente wie Sebastian Vettel oder Pierre Gasly – beide mit GP-Siegen. In diesem Jahr steht man vor allem wegen den Fahrertausch mit Red Bull im Rampenlicht. Fast untergeht, dass der Renner ziemlich gut performt. Der Team-Spirit: klein, ambitioniert, unangepasst. Wer einen Blick hinter die Kulissen ergattern will, braucht Beziehungen – oder Geduld, denn Führungen sind rar.
Sant’Agata Bolognese – Lamborghini
Rund 30 Kilometer westlich liegt Sant’Agata Bolognese. Hier gründete Ferruccio Lamborghini 1963 aus Ärger über Ferrari seine eigene Sportwagenschmiede. Das Lamborghini-Museum „MUDETEC“ zeigt Klassiker wie Miura, Countach oder den radikalen Sesto Elemento. Jedes Modell, ein rollendes Manifest italienischer Exzentrik. Der Ort? Ländlich, fast verschlafen – was die Dramatik der Boliden nur noch unterstreicht.
Modena – Maserati & Enzo Ferrari
In Modena kulminiert das Erbe des italienischen Automobilbaus. Maserati, 1914 gegründet, residiert hier – mittlerweile im Besitz von Stellantis, doch mit unverändertem Dreizack-Pathos. Nur wenige Minuten entfernt liegt das Enzo Ferrari Museum. Der spektakuläre Bau mit gelber Glasfassade zeigt die Biografie des Commendatore – und die Evolution seiner Boliden. Wer durch diese Hallen geht, spürt Motorsport nicht nur, man atmet ihn.
Maranello – Ferrari & AF Corse
Wenige Kilometer südlich, in Maranello, schlägt das Rennsportherz. Hier befindet sich die Ferrari-Zentrale, inklusive Werk, Museum und der hauseigenen Teststrecke Fiorano. Besonders beeindruckend: der Formel-1-Trakt mit Michael Schumachers Wagen und Trophäen. Gleich gegenüber arbeitet AF Corse – das Ferrari-Werksteam in der Langstrecke.
San Cesario sul Panaro – Pagani
Noch kleiner, noch exklusiver und – na klar – noch kompromissloser: In San Cesario sul Panaro hat Horacio Pagani seinen Traum aus Carbon verwirklicht. Der argentinische Tüftler baut hier die wohl heissesten Hypersportwagen wie den Zonda oder Huayra – handgefertigt, millionenschwer. Das Museum wirkt fast sakral, jedes Fahrzeug eine Skulptur.
Varano de’ Melegari – Dallara
Westlich von Parma, im abgelegenen Varano de’ Melegari, versteckt sich ein Juwel des modernen Rennsports: Dallara. Der Chassis-Hersteller beliefert IndyCar, Formel 2, Formel E – und neuerdings auch Strassenprojekte. Die Dallara Academy öffnet ihre Türen für Wissbegierige: Ingenieurskunst zum Anfassen, ergänzt von Windkanalmodellen, Simulatoren und reichlich Innovationsgeist. Kein Glamour, nur Präzision.
Pontedera – Vespa
Etwas ausserhalb des klassischen Motor Valley, in der Toskana, liegt Pontedera. Hier geht es weniger schnell zur Sache. Doch hier begann auch die Mobilisierung Italiens. Die Geschichte der Vespa erzählt das Piaggio-Museum – von einer Ikone italienischer Lebensart. Vom zarten Urmodell bis zur modernen E-Vespa: ein Ritt durch Jahrzehnte stilvoller Mobilität. Die Vespa ist kein Roller und kein Motorrad – sie ist Italianità auf zwei Rädern.
Text: GAT
Fotos: Hersteller