Businessplan ohne Europa

Mitsubishi zieht sich aus Europa zurück (mit Stellungnahme)

Die Gerüchteküche brodelte schon lange. Jetzt ist es traurige Gewissheit: Mitsubishi hat gemäss jüngstem Businessplan keine neuen Modelle mehr für Europa geplant. Expandieren wollen die Japaner hingegen in Südostasien, während Europa den Allianz-Partnern Renault, Nissan und Dacia überlassen wird. Am Ende des Artikels gibt es dazu eine Stellungnahme von MM Automobile Schweiz AG.

Veröffentlicht am 30.07.2020

Jetzt liegt gemäss der deutschen Fachzeitschrift "Auto, Motor & Sport" der Mitsubishi-Businessplan für die nächsten Jahre vor – und in dem sieht es für eine europäische Mitsubishi-Zukunft nicht gut aus. Auf neue Modelle müssen europäische Kunden ab sofort verzichten. Vertrieb und Service für bereits im Verkauf befindliche Modelle sollen allerdings erhalten bleiben.

Fixkosten müssen runter
Mitsubishi muss dringend seine in den letzten Jahren stetig gestiegenen Fixkosten senken, um eingebrochene Gewinne zurückzuholen. In dem jetzt im Business-Plan festgelegten Massnahmen-Paket ist eine Fixkostensenkung um 20 Prozent bis Anfang 2022 vorgesehen – dann soll der Gewinn wieder steigen. Allein die Reduzierung des Personals soll die Kosten um 15 Prozent senken.

Europa fällt unter Forschung und Entwicklung
Bei den weiteren, prozentual nicht näher aufgeschlüsselten, Einsparungs-Massnahmen fällt der Punkt "Forschung und Entwicklung" auf. Dessen erster Unterpunkt weist auf allgemeine Einsparungen bei der Forschung und eine Konzentration dieser Forschung im Firmenverbund Renault-Nissan-Mitsubishi hin. Im zweiten Unterpunkt heißt es dann lapidar: "Einfrieren der Einführung neuer Produkte in Europa." Mitsubishi klemmt europäische Kunden also von seinen neuen Modellen ab.

ASEAN-Markt und Zweitverwertung in Schwellenländern
Mitsubishi sieht seine Zukunft ganz klar in der ASEAN-Freihandelszone, zu der Brunei, Indonesien, Malaysia, die Philippinen, Singapur, Thailand, Vietnam, Laos, Myanmar und Kambodscha gehören. Mit den auf diesen Märkten erfolgreichen Fahrzeugen möchten die Japaner dann auch in weiteren südasiatischen Ländern, Ozeanien, Südamerika, Afrika und im nahen Osten punkten. In China möchte Mitsubishi zusammen mit seinem Partner GAC Wachstum erzeugen.

Technologie von Partnern, Nutzfahrzeuge auch
In Sachen Technologie soll Mitsubishi viel stärker an die Entwicklungen seiner Partner Renault und Nissan gekoppelt sein. Kompetenzbereich von Mitsubishi bleiben Offroad- und Allradfahrzeuge. Allerdings möchten die Japaner auch neue Generationen von Dieselmotoren entwickeln – die ja eigentlich besonders für den europäischen Markt interessant sind. Ansonsten arbeitet Mitsubishi an Hybrid-Antrieben und Plugin-Hybrid-Antrieben – die Technik für reine Elektroautos kommt wiederum von den Partnern im Firmenverbund. Außerdem stellt der Business-Plan die Weichen für Mitsubishis wichtige Nutzfahrzeug-Sparte: Ab 2020 stellt Renault die meisten dieser Fahrzeuge her, Mitsubishi könnte sie in Form von Badge-Engineering anbieten, also nur mit bereits bei der Fertigung von Renault angebrachten Mitsubishi-Logos.

Abdrängung auf asiatischen Markt war abzusehen
Damit nimmt die Marke eine Position ein, die ihr innerhalb des Bündnisses mit Renault und Nissan schon länger zugedacht war. Während Nissen sich vorrangig um China kümmert, beackert Renault Europa. Der Business-Plan für den Zeitraum von 2020 bis 2022 weist ein Wachstum in Südostasien aus – Ziel ist fast eine Verdoppeltung des aktuellen Marktanteils auf dann elf Prozent. Europa taucht im Business-Plan nicht weiter auf ...

"Auto, Motor & Sport" zieht ein bedauerliches Fazit:
"Mitsubishi musste in den vergangenen Jahren in Europa leiden, permanent schmolz der Marktanteil dahin. Anscheinend hatten die Japaner Schwierigkeiten, den Geschmack europäischer Kunden zu treffen. Jetzt im Verbund mit Renault und Nissan verankert, scheint eine Konzentration auf asiatische Märkte logisch – schliesslich sind die Japaner dort deutlich erfolgreicher als in Europa.

Teil der von Mitsubishi angepeilten Märkte sind allerdings viele Schwellen- und Entwicklungsländer, deren Finanzkraft deutlich unter der von europäischen Märkten liegt. Die Japaner sind also gezwungen, mit geringeren Verkaufserlösen Profit zu erzielen. Ihre Kompetenz in Sachen Allradantrieb und robuster Fahrwerke, dürfte ihnen wiederum in Ländern mit schlechten Straßenzuständen zugute kommen.

Aus Europa scheint sich Mitsubishi zu verabschieden – zu deutlich ist der Hinweis auf den Stopp von der Einführung neuer Modelle auf dem hiesigen Markt. Und ebenfalls viel zu deutlich ist die Abwesenheit von Europa in allen weiteren Zukunftsplanungen von Mitsubishi. Für europäische Kunden wäre dies in erster Linie eine Einschränkung der Markenvielfalt."

Text: Patrick Lang, Gregor Hebermehl (Auto, Motor & Sport)
Fotos: Mitsubishi Schweiz

 

Stellungname von MM Automobile Schweiz AG

"Ich habe, als regelmässiger Leser Ihrer Seite gesehen, dass Sie schreiben, dass sich Mitsubishi aus Europa zurückzieht. In dieser absoluten Form wurde dies nicht kommuniziert. Der CEO hat einzig darauf hingewiesen, und so ist es im Produktplan auch festgehalten, dass es aktuell keine neuen Modelle für den europäischen Markt gibt. Dies weil die Entwicklungskosten für Produkte, die in Europa verkauft werden sollen, hoch sind und die Marke erst wieder finanziell gesunden muss."

Mit freundlichen Grüssen
Erich Hunold
Head of Marketing & PR, MM Automobile Schweiz AG, 4624 Härkingen"

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