85 Jahre Clay Regazzoni
Er war der Liebling von Enzo Ferrari, ein Naturtalent, ein Haudegen im Cockpit, wie es sie nur in den 1970er Jahren gab. Am 5. September wäre Clay Regazzoni 85 Jahre alt geworden. Wir schauen zurück auf das faszinierende Leben von Gianclaudio Giuseppe Regazzoni, den erfolgreichsten Schweizer Rennfahrer aller Zeiten.
“Er war unglaublich schnell. Ein Naturtalent im wahrsten Sinne des Wortes. Es war ihm ganz Wurst, wie das Auto lag, oder was er damit machen musste”, sagt Niki Lauda über Clay Regazzoni, seinen Teamkollegen bei Ferrari.
Angefangen hat alles Ende der 1960er Jahre, als der junge Tessiner Formel 2-Rennfahrer persönlich von Enzo Ferrari entdeckt wurde. Der Patriarch gab Regazzoni die Chance, ab 1970 für sein Formel 1-Team zu fahren. “Clay Regazzoni hat vor allem menschliche Werte: Er spricht wenig, lächelt freundlich und stänkert nicht rum”, lobte ihn Enzo Ferrari. Ein grösseres Kompliment hat der legendäre Patriarch wohl nie wieder über einen Rennfahrer ausgesprochen.
Was für ein Triumph
Regazzoni enttäuschte Enzo nicht und fuhr gleich in seinem ersten Rennen auf Platz 4. In Monza, der Heimstrecke von Ferrari, holte Regazzoni seinen ersten Sieg in der Formel 1. Was für ein Triumph! Leider wurde das Rennwochenende von einem tragischen Unglück überschattet: WM-Titelanwärter Jochen Rindt starb am Vortag im Training in der Parabolica-Kurve.
Dramatische Duelle mit Teamkollege Lauda
Der Höhepunkt in Clay Regazzonis Karriere war das Jahr 1974, als er zusammen mit Teamkollege Niki Lauda die Scuderia Ferrari wieder an die Spitze führte und Vizeweltmeister wurde. “Clay war der Playboy-Rennfahrer im wahrsten Sinne des Wortes, der das Schöne mit dem Rennfahren und dem Sport verbunden hat”, sagte Niki Lauda über ihn. Mit seinem Teamkollegen Lauda lieferte sich Clay Regazzoni auf der Rennstrecke gefährliche Duelle, die ihn 1976 seinen Platz bei Ferrari kosteten.
Der erste Sieg für das Williams-Team
1977 wechselte Clay Regazzoni zum Ensign-Team – ein Flop. Ein Jahr später versuchte er es beim Shadow-Team, mit dem er ebenfalls keine Podestplätze einfuhr. 1979 ging es wieder vorwärts: Clay Regazzoni wurde für das Williams-Team verpflichtet und gewann. "Der erste GP-Sieg war wahrscheinlich das wichtigste Ereignis unserer Formel 1-Geschichte. Clay war ein absoluter Gentleman", sagte Teamchef Frank Williams.
Unglück in Long Beach
1980 wechselte Regazzoni wieder zu Ensign. Erneut ein Fehler: Das vierte Rennen der Grand Prix-Saison veränderte sein Leben für immer. In Long Beach lag Regazzoni an vierter Stelle, als an der schnellsten Stelle der Strecke das Bremspedal brach und er in die Betonmauer krachte. Regazzoni konnte zwar rasch aus der zerstörten Ensign-Bolide geborgen werden, aber er musste mit schweren Kopf- und Wirbelsäulenverletzungen ins nahe liegende St. Mary Hospital.Die Wirbelverletzungen stellten sich als schwer heraus: Querschnittlähmung. Drei Jahre verbrachte Regazzoni in Spitälern und kämpfte sich zurück ins Leben. Der Rennfahrer sollte für den Rest seines Lebens auf den Rollstuhl angewiesen sein.
Ein Mann wie Clay Regazzoni lässt sich dadurch nicht bremsen. Im Gegenteil. Er nahm weiterhin in umgebauten Fahrzeugen an den härtesten Rallyes wie die Paris - Dakar teil. Nur ins Cockpit eines Formel 1-Autos durfte er nicht zurück. Clay Regazzoni bestritt in seiner Karriere insgesamt 132 Grand Prix, errang 5 Pole Positions, 5 Siege, holte 212 WM-Punkte und fuhr 15 schnellste Runden.
Am 15. Dezember 2006 verunglückte Clay Regazzoni auf der italienischen Autobahn tödlich.
Die «autobau erlebniswelt» in Romanshorn zeigt im Clay Regazzoni Honor Room eine Dauerausstellung über den legendären Tessiner Rennfahrer. Zu sehen sind einige seiner Rennwagen, ein ehemaliges Rallye-Fahrzeug sowie verschiedene Sportwagen von Alfa Romeo über Ferrari bis hin zu Mercedes aus «Clays» privater Garage. Die Ausstellung würdigt sowohl die sportliche Karriere als auch das soziale Engagement von Clay Regazzoni.
Das Schweizer Fernsehen widmete dem Tessiner Sportler zum 10. Todestag eine aufwändige Dokumentation: Clay Regazzoni – Leben am Limit
Text: Jürg Zentner
Bilder: Clay Regazzoni Honor Room