Robin Road: Verkehrsrecht

Achtung: Formulierungen im Strafbefehl

Marcellas Lamborghini Huracan erlitt einen teuren Blechschaden, weil ihr der Vortritt genommen wurde. Als wäre das nicht genug, musste sie danach auch noch um die richtige Formulierung im Strafbefehl kämpfen.

Veröffentlicht am 03.03.2024

Zügig, aber nicht übermässig beschleunigte Marcella ihren Lamborghini Huracan nach einer Ampel an einer Kreuzung mit mehreren, gleich gerichteten Fahrspuren, als von rechts ein Auto beabsichtigte, auf ihre Fahrspur zu wechseln. Marcella hatte Vortritt und dachte, der andere Lenker würde sie sehen. Doch dieser schaute weder nach links noch machte er Anstalten, ihr den Vortritt zu gewähren. Da war es zu spät. Der andere Fahrer fuhr in den Lamborghini, glücklicherweise nur ein – teurer – Blechschaden. Doch zu früh gefreut.

Hartes Urteil der Staatsanwaltschaft

Die Staatsanwaltschaft verurteilte den Lenker des anderen Autos wegen Missachten des Vortritts. Zur Überraschung von Marcella wurde auch sie wegen einer nicht an die Sicht- und die örtlichen Verhältnisse angepassten Geschwindigkeit gebüsst. Sie habe fahrlässig die Verkehrsregeln verletzt, urteilte die Staatsanwaltschaft. Die Busse betrug 300?Franken zuzüglich Verfahrenskosten für den Erlass des Strafbefehls sowie die ausgerückte Polizei von nochmals 550?Franken. Na bravo!

Ungünstig formulierter Strafbefehl

Bussen und Ausweisentzug werden in separaten Verfahren und meist von zwei getrennten Behörden geregelt. Die Busse ist Sache der Polizei beziehungsweise der Staatsanwaltschaft. Wenn es sich nicht um eine Ordnungsbusse handelt, erlässt die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl, worin der Sachverhalt und die Busse sowie die Gebühren aufgeführt werden. Für den Ausweisentzug ist das Strassenverkehrsamt zuständig, das sich auf die Abklärungen der Staatsanwaltschaft stützt.

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Der Text im Strafbefehl war für Marcella ungünstig formuliert, denn sie wurde darin für die Kollision mitverantwortlich gemacht. Dies wiederum hätte das Strassenverkehrsamt aufgrund der erhöhten Gefahr veranlasst, einen Ausweisentzug von einem Monat zu verfügen.
Nachdem Marcella von der Staatsanwaltschaft Akteneinsicht und damit die Videos des Vorfalls erhalten hatte, war hingegen klar, dass Marcella den Lamborghini im Griff hatte und die Kollision allein vom anderen Autofahrer verursacht wurde. Für die Staatsanwaltschaft war aber auf dem Video eine etwas zügige Fahrweise Marcellas zu sehen, weshalb die Staatsanwaltschaft vom Vorwurf der nicht angepassten Geschwindigkeit nicht abrücken wollte.

Mitverantwortung gestrichen

Immerhin war die Staatsanwaltschaft bereit, den Wortlaut des Vorwurfs anzupassen und die Mitverantwortung für die Kollision zu streichen. Dies wiederum kam Marcella zugute: Das Strassenverkehrsamt beliess es bei einer Verwarnung ohne Ausweisentzug. Marcella akzeptierte den Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Immerhin wurde die Busse reduziert. Und schliesslich war die Neuformulierung des Strafbefehls auch für die Abwicklung des Schadens mit der Versicherung günstiger, da die Mitverantwortung bei der Kollision gestrichen wurde. Robin Road wünscht allen mit oder ohne Lamborghini eine schadenfreie Fahrt!

Rechtsberatung von Robin Road

Rainer Riek alias Robin Road, Verkehrsrechtsspezialist

Dr. Rainer Riek alias Robin Road ist Rechtsanwalt und Notar bei www.zp-law.ch und unter anderem spezialisiert auf Strassenverkehrsrecht. Auf www.driving.legal schreibt er seinen Autoblog. Die auto-illustrierte offeriert allen Abonnenten eine kostenlose Rechtsberatung. Schreiben Sie uns an ai-abo@c-media.ch.

Text: Rainer Riek alias Robin Road
Bilder: Lamborghini, ai-Online-Archiv

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