Einblick

Der neue Opel Astra – im Gespräch mit der Chefingenieurin

Der Opel Astra ist nicht weniger als ein Diamant. So sieht es seine Chefingenieurin Mariella Vogler. Es war allerdings keine leichte Aufgabe seinen Schliff bis zur Serie rein zu halten. Und doch war es die vielleicht erfüllendste Aufgabe in ihrem Berufsleben.

Veröffentlicht am 28.10.2021

Das Opelwerk in Rüsselsheim ist mehr als ein Werk. Es ist die Stadt. Schon am Bahnhof grüßt Adam Opel, überlebensgross zur Statue gegossen, denn direkt neben den Gleisen wachsen die Backsteinbauten der Marke mit dem Blitz in den Himmel. Sie ziehen sich sprichwörtlich kilometerlang, bis sie an zwei modernen Hallen enden. In grossen Lettern steht dort K170 und K180 angeschrieben. Hinter ihren Toren wartet die Zukunft der Marke Opel.

Der Opel Astra ist mehr als einer unter Vielen

Denn die Zeiten, in denen mehr oder weniger plump nur ein Modell pro Band gefertigt wurde, noch dazu im amerikanischen Stil gerne auf Vorrat, sind endgültig vorbei. Die beiden komplett neu gerüsteten Werkshallen zählen mit zu den modernsten der Automobilindustrie. Hier laufen nicht nur Insignia und der neue Opel Astra, sondern es können auch sämtliche Derivate der EMP2-Plattform von Stellantis, also auch der DS4 und der Peugeot 308, produziert werden.

Dabei ist nicht nur die Abfolge der Modelle egal, sondern auch deren Antrieb. Vom Benziner zum Turbodiesel, vom Plug-in-Hybrid zum Vollelektrischen – man ist auf alles vorbereitet. Und doch sind die Unterschiede grösser als man meinen würde. Denn die technische Plattform ist eben nur eins: die Basis. Den entscheidenden Anteil am Ergebnis tragen aber viele andere Kleinigkeiten. Denn erst sie definieren das Auto am Schluss.

Für die Chefin geht ein Traum in Erfüllung

Und so wurde der neue Opel Astra, in der internen Zählung übrigens bereits die alphabetisch durchsortierte L-Generation, zur Traumerfüllung seiner Chefingenieurin Mariella Vogler. Mit ihren über 30 Jahren im Dienste des Blitzes hat sie schon so manches Auto bis in die Serie verantwortet, etwa den Zafira B, den Ampera oder den Cascada. Doch beim neuen Astra war die Sache etwas anders.

„Ein Produkt wie den neuen Astra, dem Herzen der Marke Opel, von Anfang an in allen Details zu verantworten ist ein Herzenswunsch, der in Erfüllung ging“, so die 59-jährige Chefingenieurin. Denn erst die EMP2-Plattformbasis gab ihr den nötigen kreativen Freiraum bei der Entwicklung.

„Wir konnten uns aus dem reich bestückten Komponentenregal bedienen und mit unserer Arbeit in vielen Details ein neues Auto schaffen“, so die begeisterte Technikerin weiter. Was sich auf den ersten Blick erst einmal unverständlich anhört, offenbart seine ganze Tragweite bei näherem Hinsehen. Denn während man in vergangenen Zeiten mangels baugleicher Komponenten der anderen GM-Marken alles selbst entwickeln musste, war das Budget entsprechend belastet. Mit dem neuen Opel Astra konnte man deshalb erstmals die neue Strategie und die neuen Synergien zur Gänze ausnutzen.

Bedienelemente, Sitze, Licht und Fahrwerk – hier unterscheidet die Ingenieurin

Die wichtigsten Unterscheidungsmerkmale sind neben vor allem die, die man nur fühlen kann. Doch dabei geht es um weit mehr als nur Sitzkomfort oder die beleuchtete Schalterleiste unter dem Glascockpit. Zwar setzt Marielle Vogler auch hier eine volle Breitseite gegen die Konkurrenz, die meist aus Kostendiktat auf halbgare Lösungen setzt, denn gerade das Cockpit des neuen Opel Astra ist bemerkenswert hochwertig und durchdacht ausgeführt. Der wirkliche Kern ihrer Bemühungen zeigt sich aber in ganz anderen Dingen.

Etwa dem Türschliessgeräusch. Es mag kleinteilig klingen, aber wenig sagt mehr unterbewusst mehr über die Qualität eines Autos aus, als das Geräusch, mit dem seine Tür ins Schloss fällt. Für Vogler gibt es aber noch einen weiteren Grund: „Wenn man als Vater oder Mutter das Kind auf die Rückbank setzt und die Tür schliesst, muss sich ein Gefühl des Vertrauens einstellen. Man muss sich und seine Familie geschützt wissen.“

Soft quality hat nichts mit geschäumten Kunststoffen zu tun

Soft skills werden oft vernachlässigt, doch es sind doch gerade die feinen Zwischentöne, das Menschliche, das den Umgang mit anderen angenehm macht. Denn der Rüsselsheimer Ingenieurin und ihrem Team, die Kernmannschaft bestand gerade einmal aus 25 Personen, war vor allem eins wichtig: Einen Sympathieträger schaffen. Ein Auto, das auch die Zwischentöne beherrscht. Eines, das nicht nur in den Bewertungstabellen von Entscheidern und Testern besteht, sondern vor allem beim Kunden. „Wir wollten einen Astra erschaffen, der beim Kunden über alle Sinnesgrenzen hinweg Glücksgefühle auslöst, der durch und durch als begehrenswert wahrgenommen wird.“, so Vogler.

Der „soft quality“-Ansatz hat dann neben dem Türschliessgeräusch auch das Verlegen des Kofferraumöffners ins Markenlogo ergeben, damit man keine dreckigen Finger beim Öffnen bekommt. Oder eben die beleuchteten Schalter im Innenraum. Selbst den Hinweistönen und dem Blinkerklicken ging es an den Kragen. Man bat stattdessen einen Musiker ins Tonstudio, der auf seinen Streich- und Schlaginstrumenten die Klangfolgen einspielte, die nun den Fahrer harmonisch begleiten.

Der neue Opel Astra ist vielleicht der ehrlichste Opel seit Jahrzehnten

Es ist erstaunlich wie stolz Vogler nicht nur auf den Astra, sondern auf ihr ganzes Team und den gemeinsam zurückgelegten Weg ist. Wie sehr sie es wirklich geschafft haben ihn beim Fahren von seinen Geschwistern zu unterscheiden kann nur ein ausgiebiger Test im Frühjahr klären. Doch eins steht jetzt nach dem Direktkontakt mit der Ingenieurin fest: Der neue Astra ist der ehrlichste Opel seit Jahrzehnten. Denn nie zuvor hatte man das Gefühl, dass in allen Bereichen mit soviel Liebe zum Detail gearbeitet wurde.

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