Thekengespräch mit einem Insider

Die EU und ihre Rolle rückwärts

Neulich sass ich wieder mit einem alten Bekannten bei einem Bier zusammen. Er ist schon länger in der Autoindustrie tätig und scheint oft ein bisschen mehr zu wissen, als er offiziell sagen dürfte. Also fragte ich ihn direkt: „Sag mal, was ist das eigentlich für ein 'Schoko-Soft-Eis-Emoji' in Brüssel?“

Veröffentlicht am 15.03.2025

„Erst machen sie Druck, dann kippen sie ihre eigenen Regeln wieder. Haben die überhaupt einen Plan?“

Er nahm einen Schluck Bier und schüttelte den Kopf. „Plan? Vergiss es. Das ist keine Strategie, das ist einfach nur ein 'Schoko-Soft-Eis-Emoji'. Erst haben sie mit voller Wucht die CO2-Vorgaben durchgepeitscht und den Herstellern ein enges Zeitfenster gesetzt. Jetzt, wo sie merken, dass alles nicht so glatt läuft, rudern sie hektisch zurück. Plötzlich gibt’s eine Fristverlängerung bis 2028, damit die Autobauer nicht schon 2025 bluten müssen. Und das Verbrenner-Aus 2035? Wird auch nochmal überprüft. Könnte sein, dass sie es ganz kippen oder auf 2045 verschieben.“  

Die Erkenntnis

Ich grinste. „Klingt ja fast so, als hätte jemand gemerkt, dass man die Industrie nicht einfach so von heute auf morgen umkrempeln kann.“  

Er lachte trocken. „Das Problem ist nicht die Industrie, sondern die Politik. Brüssel hat sich auf die Fahnen geschrieben, der Welt zu zeigen, wie man’s richtig macht. Doch die Realität ist komplizierter: Die Leute kaufen die teuren Elektroautos nicht in dem Tempo, wie man sich das erhofft hat. Gleichzeitig strömen immer mehr Stromer aus China auf den Markt, die günstiger und in manchen Fällen sogar besser sind. Und jetzt stehen die europäischen Hersteller mit heruntergelassenen Hosen da, haben Milliarden in die E-Mobilität gesteckt – und müssen feststellen, dass ihre Autos ohne massive Subventionen nicht in Fahrt kommen.“  

Ich runzelte die Stirn. „Also hat die EU die Schraube zu schnell angezogen und kriegt jetzt kalte Füsse?“  

Er nickte. „So sieht’s aus. Jetzt, wo sich abzeichnet, dass einige Hersteller grosse Probleme bekommen, wird zurückgerudert. Die Fristverlängerung gibt den Konzernen ein bisschen Luft, aber sie zeigt auch: Die Politik ist sich selbst nicht sicher, ob sie auf das richtige Pferd gesetzt hat. Die Wahrheit ist: Würde die Wende zur E-Mobilität wirklich so reibungslos laufen, wie es sich die Politiker ausgemalt haben, dann bräuchte es diese Rolle rückwärts gar nicht.“  

Das Aus vom Verbrenner-Aus

Ich lehnte mich zurück. „Und was bedeutet das für die Zukunft? Wird die EU am Ende das Verbrenner-Aus doch noch kippen?“  

Er zuckte mit den Schultern. „Ganz ehrlich? Ich halte es für möglich. Die politische Stimmung hat sich verändert, die wirtschaftliche Lage ist angespannt, und immer mehr Länder fragen sich, ob sie sich diese Transformation in der geplanten Geschwindigkeit überhaupt leisten können. Dazu kommt, dass Amerika und China auf ihre eigene Weise weitermachen. Die halten sich die dicken Bäuche vor Lachen, was wir Europäer für lustige Sachen machen. Und wenn Europa als einziger Akteur auf der Welt den totalen Umbruch vollzieht, könnte das nach hinten los gehen. Die Politik wird sich das genau anschauen – und wenn die ersten Stimmen laut genug werden, könnte es passieren, dass wir das Verbrenner-Aus noch weit nach hinten geschoben sehen.“  

Ich nahm einen tiefen Schluck. „Also wieder eine typische EU-Geschichte: Erst mit voller Wucht durchziehen, dann zurückrudern, aber so tun, als wäre alles noch im Plan?“  

Er grinste. „Exakt. Und das Beste daran: Wenn’s schiefgeht, wird natürlich keiner die Verantwortung übernehmen. Dann war es 'der Markt', 'die geopolitische Lage', 'ein plötzlicher Rülpser des Schicksals' oder was auch immer. Aber sicher nicht die politischen Entscheidungsträger. Und am Ende werden sie uns erzählen, dass genau das immer der Plan war.“

Er hob sein Glas. „Auf die wankelmütige Politik der EU und ihre endlose Fähigkeit, sich selbst ein Bein zu stellen.“

 

Text: GAT
Bilder: KI

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