Test

Kia EV3 - Braver Alltagsheld

Über den Kia EV3 kann man eigentlich nicht meckern. Kein Wunder: Mit nur wenigen Schwächen liefert der AC/DC-Koreaner eine solide Leistung ab. Und das selbst in der Topversion GT-Line noch zu einem bezahlbaren Preis.

Veröffentlicht am 06.03.2025

Bei «Car of the Year 2025» war der Kia EV3 nur zweiter Sieger. Dass der koreanische Stromer von den sieben verbleibenden Finalisten aufs Treppchen gehört, galt fast schon als gesetzt. Warum es nicht auf die oberste Stufe reichte? Uns klingelt da was, aber dazu später mehr. Der Kia EV3 kann ansonsten als klarer Schritt in Richtung uneingeschränkt alltagstaugliche Elektromobilität bezeichnet werden. Er ist kein Auto für Auftritte, sondern eines für den Alltag. Dabei konzentriert er sich einfach auf das Wesentliche – und genau das macht ihn stark.

Kante zeigen

Das Design erinnert an den EV9. Innen findet man bequeme Sitze und ausreichend Freiraum in Reihe eins sowie grosszügige Platzverhältnisse im Fond vor. Durch den fehlenden Kardantunnel wirkt die zweite Reihe noch luftiger. Das Kofferraumvolumen von 460 bis 1250 Liter unterstreicht die gute Raumausnutzung. Und selbst die Bedienung lässt sich dank einer gesunden Mischung aus physischen und kapazitiven Tasten schnell erlernen. Moniert werden kann lediglich, dass man durch die vielen Anzeigen mit etwas gar vielen Informationen berieselt wird.

Der vorderradgetriebene EV3 – Allradversionen seien geplant –vermittelt ein sicheres und souveränes Fahrgefühl. Besonders auf längeren Strecken schätzt man das angenehm abgestimmte Fahrwerk und die gelungene Geräuschdämmung. Grosse Bodenwellen werden gut absorbiert, ohne dass der Fünftürer schwammig wirkt. Besonders in der Stadt fühlt sich der EV3 wohl. Die präzise, aber zu leichtgängige Lenkung und der kleine Wendekreis machen ihn überraschend handlich. 

Sportlichkeit und Fahrdynamik standen im Lastenheft des EV3 wohl sehr weit unten, selbst bei der eigentlich dynamisch ambitionierten GT-Line. Entsprechend früh und sanft regelt das ESP und sorgt für ein Fahrverhalten, das dem Fahrer zwar viel Vertrauen vermittelt, den Fahrspass auf kurvigen Strecken jedoch limitiert. Mit seinen 150 kW/204 PS und den 283 Nm Drehmoment sollte man vom Zwei-Tonnen-E-Mobil nicht zu viel Vortrieb erwarten. Mit einer Spurtstärke von knapp acht Sekunden auf 100 km/h ist man dennoch ausreichend flott unterwegs.

Gemässigter Strombedarf

Kühle Aussentemperaturen setzen allen Steckerfahrzeugen beim Thema Verbrauch ordentlich zu. Der Testverbrauch des EV3 von 17,7 kWh/100km spiegelt dennoch einen gemässigten Stromdurst des Koreaners wider. Wie sein grosser Bruder EV9 basiert der EV3 auf der technisch ausgereiften Elektro­plattform E-GMP mit neuester Akkugeneration. Doch im Gegensatz zu den 800-Volt-Technikern EV6 und EV9 baut der EV3 auf einer 400-Volt-Architektur auf. Die Topausstattungslinie GT kann nur mit der grösseren Kapazität bestellt werden. Mit Reichweiten um 400 Kilometer musste der EV3 mit seiner netto 78 kWh grossen Batterie während unserer Testdauer nur selten die Ladesäule ansteuern. Und an der Wallbox mit nur maximal elf kW und am Schnelllader mit 120 kW kann man dann eher vom Stromschlürfen als -ziehen sprechen. Immerhin hält er die Ladeleistung aber bis zu 70 Prozent des Ladezustands konstant. 


Partner für jeden Tag

Überhaupt glänzt er im Alltag mit vielen Vorteilen – und zwar bei Kriterien, die manch einen (noch) vom Kauf eines Elektroautos abhalten, die aber im täglichen Gebrauch wirklich zählen: Reichweite, Komfort, Fahrsicherheit und Verlässlichkeit. Dadurch kann man ihn durchaus als taugliches Erstauto anschaffen. Doch es gibt eben auch Schwächen. Solche, die den Kia EV3 bei der Wahl des «Car of the Year» wohl den Titel gekostet haben. Neben der etwas limitierten Ladeleistung sind die Assistenzsysteme ein grosser Kritikpunkt. Sie wirken wie eine Mischung aus unausgereift und übermotiviert. Wir konnten uns nur mit lauter Musik und Ignoranz vor dem ständigen Klingeln schützen. Selbst im Stand ging das Gebimmel manchmal weiter. Warum, das wissen wir auch nicht so genau. 

Trotzdem: Der Gesamteindruck überzeugt. Und zu einem Preis ab 50 950 Franken für die getestete Topversion GT-Line, die ausstattungsbereinigt unter dem der Mitbewerber liegt, erhält man einen sehr vernünftigen Steckerling.

 

Text: GAT
Bilder: Toni Bader

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