

Wir träumen von Mercedes und fahren Volkswagen. Oder anders gesagt: Wir hätten gerne Premiumfahrzeuge in der Garage, doch oft reicht das Budget nicht aus. Macht nichts, heisst es bei Denza auf der Milan Design Week 2025. Denn: Ab kommendem Jahr kann man in der Schweiz den Denza Z9 GT bestellen. Denza? Bitte wer?! Denza wird als Premiummarke von BYD präsentiert – also BYD-Technik in schicker Verpackung. Für diese Verpackung hat man sich niemand Geringeren als Wolfgang Egger ins Boot geholt, der zuvor für Audi, Lancia, Seat und Volkswagen gearbeitet hat. Eines seiner ersten Projekte beim chinesischen Grosskonzern war es, den Z9 GT zu gestalten.

Design: Der rosa Elefant im Raum
Um es auf den Punkt zu bringen: Der rosa Elefant im Raum heisst Porsche. Beim Anblick des Z9 GT fällt es schwer, nicht an einen Zuffenhausener zu denken. Irgendwo zwischen Taycan Sport Turismo und Panamera. Mit einem Radstand von über 3,1 Metern wirkt er extrem gestreckt, und das rundliche Design soll eine gehobene Eleganz ausstrahlen. Egger erklärte uns diese Eleganz anhand einiger feiner Designmerkmale – doch spätestens, wenn nach seinen Ausführungen die Brille wieder richtig sitzt, sieht man doch wieder… genau: einen Porsche. Wahrscheinlich dürfte das auch die Chinesen auch kaum stören.
Dem Z9 GT muss man neidlos zugestehen: Hier wurde sorgfältig gearbeitet. Hochwertige Materialien, saubere Verarbeitung – bis auf wenige Ausnahmen, die man aber ehrlich gesagt auch bei anderen Premiummarken findet. Dominant im Innenraum: ein zentraler Fernseher. Links und rechts davon je ein eigener Screen für Fahrer und Beifahrer, ergänzt durch Kamerabilder in den Türen statt klassischer Rückspiegel. Gewöhnungsbedürftig? Absolut. Auch die Bedienung samt Karaoke-Funktion des Infotainments verlangt Eingewöhnung. Positiv: Sowohl vorne als auch hinten gibt es einen eigenen Getränkekühlschrank – ziemlich luxuriös.


Ziemlich rabiat
Auch edel sind die elektronischen Türen, deren Schliessmechanismus allerdings so rabiat arbeitet, dass Unwissende schnell mal einen Fuss riskieren. Die Rücksitze lassen sich vom Kofferraum aus elektrisch umklappen. Als sich dabei ein Journalist auf der Rückbank versehentlich „mit zusammenfalten“ liess, sorgte dies für Lacher – wird bei Kunden und deren Nachwuchs definitiv weniger lustig ankommen. Hier sollte bis zum europäischen Marktstart dringend die Sicherheitselektronik noch nachjustieren. Der flache Shooting Brake kommt bei uns in Europa Ende 2025 oder Anfang 2026 auf die Strassen. In China ist er seit einem halben Jahr bestellbar und wird in zwei Varianten zu uns kommen. Eine vollelektrische Version mit drei Elektromotoren, einer Systemleistung von 710 kW / 965 PS und einer Reichweite von über 600 Kilometer nach CLTC, sowie einen Plug-in-Hybrid mit 640 kW / 870 PS. Beide mit Allradantrieb, über 1000 Nm Drehmoment und einem Sprintvermögen von circa 3,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Doch die finale Homologation steht noch aus und es können leichte Abweichungen erwartet werden.

Klingt nach viel – ist es auch
Aber: Viel Leistung trifft auf viel Gewicht. Die erste kurze Probefahrt zeigt: Der Z9 GT beschleunigt ordentlich, verliert aber ab 120 km/h merklich den Elan. Auch in Sachen Querdynamik enttäuscht er (noch): Eine zu weiche Lenkung und ein noch weicheres Fahrwerk nehmen dem Wagen jeglichen Fahrspass. Laut Hersteller sollen diese Punkte bis zum Europa-Launch noch überarbeitet werden. Ob das den in der China-Version an der Drei-Tonnen-Grenze kratzenden ShootingBrake merklich leichter machen wird: ungewiss. Die versammelten Influencer liessen sich derweil lieber vom surrealen Einparkassistenten oder dem etwas sinnfreien „Crab-Modus“ ablenken.
Fazit:
Der erste Eindruck von Denza bleibt positiv in Erinnerung. Positiv, weil Fahrzeuge wie der Z9 GT durchaus als Schuss vor den Bug der etablierten Premiummarken gelten können. Luxuriöse Autos zum Entspannen müssen nicht zwangsläufig aus Stuttgart, München oder Ingolstadt kommen – das können andere inzwischen ebenfalls ganz gut.
Und doch zeigt dieser Test auch: In Sachen Fahrdynamik bleibt die europäische Ingenieurskunst von Mercedes, BMW und Audi immer noch elitär. Zwar werden auch die deutschen Sportwagen immer fetter, doch was Fahrfreude und Abstimmung angeht, liegen zwischen China und Europa nach wie vor Welten. Sollte China hier aufholen, bliebe den Premiumherstellern womöglich nur noch der gute Name. Zeit also, in Europa wieder Autos fürs Herz zu bauen – zu Preisen, die nicht nur zum Träumen einladen, sondern auch zum Kaufen.
Text: GAT
Bilder: Denza