Bruno Sacco: Mr. Mercedes
“Wir hören, was die Kunden wollen, und machen dann genau das Gegenteil”, lautet ein legendärer Satz von Bruno Sacco. Der ehemalige Chefdesigner von Mercedes-Benz prägte das zeitlose Design der Marke über vier Jahrzehnte. Am 19. September starb der gebürtige Italiener in Sindelfingen im Alter von 90 Jahren.
“Gutes Design ist nicht nur zeitgemäss, sondern zeitlos”, pflegte Bruno Sacco zu sagen. Der Autodesigner zeichnete sich für das Erscheinungsbild vieler legendärer Mercedes-Benz Modelle verantwortlich, die zu Design-Ikonen wurden. Allen voran der W123, der W126 oder das Konzeptfahrzeug C111. Bruno Sacco war nicht nur ein Designer, sondern ein Visionär, der Mercedes-Benz in eine neue Ära der Automobil-Gestaltung führte. Nun ist Bruno Sacco im Alter von 90 Jahren in Sindelfingen gestorben.
Frühe Jahre und beruflicher Einstieg
Geboren am 12. November 1933 in Udine, Italien, zeigte sich schon früh Bruno Saccos Leidenschaft für Design und Technik, was ihn an die Polytechnische Hochschule in Turin führte. Dort entdeckte er seine Liebe zum Automobil-Design – eine Leidenschaft, die sein Leben prägen sollte. Während seiner Studienzeit sammelte er erste praktische Erfahrungen bei Carrozzeria Ghia und Pininfarina.
1958 begann Sacco seine Laufbahn bei Daimler-Benz, wo er unter der Leitung von Design-Grössen wie Karl Wilfert, Friedrich Geiger und Béla Barényi an Projekten wie dem Mercedes-Benz 600 und der legendären „Pagode“-Baureihe (230 SL, 250 SL, 280 SL) mitwirkte. Besonders hervorzuheben ist seine Arbeit an den Experimentalfahrzeugen C111-I und C111-II, die durch ihre innovative Technik und ihr futuristisches Design Massstäbe setzten.
Aufstieg bei Mercedes-Benz
1970 wurde Sacco zum Leiter der Abteilung Karosseriekonstruktion und Masskonzeption ernannt. Unter seiner Federführung entstand die Mercedes-Baureihe W123, die als besonders robuste und langlebige Fahrzeuge bekannt wurden.
Sein Aufstieg bei Mercedes-Benz setzte sich 1975 fort, als er Friedrich Geiger als Leiter der Hauptabteilung Stilistik ablöste. In dieser Rolle begann er, das Erscheinungsbild der gesamten Mercedes-Pkw-Palette nachhaltig zu prägen. Besonders bekannt ist die S-Klasse der Baureihe W126 (1979), die durch die nach ihm benannten „Sacco-Bretter“ – dezente Seitenschutzleisten – einen unverwechselbaren Charakter erhielt.
Form folgt der Funktion
Bruno Sacco war nicht nur ein talentierter Designer, sondern auch ein Denker mit einer klaren und beständigen Philosophie. Er war der Überzeugung, dass das Design eines Fahrzeugs über Jahrzehnte hinweg zeitlos bleiben sollte und die Form der Funktion folgen sollte. Während andere Designer oft kurzfristigen Trends folgten, legte Sacco Wert auf Beständigkeit und elegante Schlichtheit. „Ein gutes Design sollte erst in 30 Jahren alt aussehen“, sagte er einmal in einem Interview.
Eine oft zitierte Anekdote verdeutlicht Saccos Haltung gegenüber Trends und Erwartungen. Auf einer Automesse begegnete er einem Journalisten, der ihn fragte, wie er es schaffe, immer wieder so perfekte Designs für Mercedes-Benz zu entwerfen. Sacco, der für seine Bescheidenheit und seinen trockenen Humor bekannt war, antwortete: „Das ist ganz einfach: Wir hören, was die Kunden wollen, und machen dann genau das Gegenteil.“
In den 1970er-Jahren entwickelte er das Konzept der „vertikalen Affinität“. Damit meinte er, dass eine neue Modellgeneration immer in Bezug zu ihren Vorgängern stehen sollte, um eine stilistische Kontinuität zu gewährleisten. So wollte er verhindern, dass ältere Modelle veraltet wirken, wenn neue auf den Markt kommen. Gleichzeitig war ihm die „horizontale Homogenität“ wichtig: Alle Modelle – egal ob Limousinen, Coupés oder Roadster – sollten unverkennbar zur Mercedes-Benz-Familie gehören und eine gemeinsame Formsprache haben.
Ein zentrales Element dieser Philosophie war die stetige Weiterentwicklung traditioneller Designelemente. Zum Beispiel die Mercedes-Kühlermaske: Unter Saccos Ägide wurde sie so angepasst, dass sie modern und dennoch sofort als Markenzeichen erkennbar bleibt. Dasselbe gilt für die Scheinwerfer und die Karosserieformen, die trotz technischer Innovationen immer die DNA eines Mercedes-Benz trugen.
Auszeichnungen und Ehrungen
Saccos Karriere wurde mit zahlreichen internationalen Auszeichnungen gewürdigt. 1981 wurde er zum Ehrenmitglied der „Academia Mexicana de Diseño“ ernannt. 1991 erhielt er den Titel „Grande Ufficiale dell’Ordine al Merito della Repubblica Italiana“, und 1996 wurde er von der Zeitschrift „Car“ sowohl als „Best Designer“ als auch als „Designer’s Designer“ ausgezeichnet. Der „Lifetime Design Achievement Award“ aus Detroit im Jahr 1997 und seine Aufnahme in die „Automotive Hall of Fame“ in Dearborn (2006) sowie in die „European Automotive Hall of Fame“ in Genf (2007) unterstreichen seinen enormen Einfluss auf die Automobilindustrie.
Text: GAT
Bilder: Mercedes-Benz