Ford Crown Victoria Police Interceptor

Ford Crown Victoria Police Interceptor – Good Cop, bad Cop

Einen Ford Crown Victoria Police Interceptor für Events und Hochzeiten buchen? Bitteschön. Marcel Ortmayr hat sich mit dem Original-LAPD-Polizeiauto einen Traum erfüllt. Im wahren Leben ist er selbst Polizist – aber natürlich einer von den Guten.

Veröffentlicht am 26.12.2021

Mist, waren wir zu schnell? Nervös schaue ich in den Rückspiegel, in dem das Blaulicht bedrohlich blinkt. «Freeze!» Jetzt nur keine falsche Bewegung – US-Cops fackeln schliesslich nicht lange. Okay, okay, alles nur Kopfkino. In Wirklichkeit sind wir auf dem Gelände des Militärmuseums Full verabredet. Marcel Ortmayr (39) und Freundin Viviane (35) aus Rheinfelden sehen ausserdem alles andere als bedrohlich aus – zumal Marcel seine LAPD-Uniform und die Pilotenbrille noch gar nicht angelegt hat. 

Die beiden teilen die Leidenschaft für US-amerikanische Strassenkreuzer. Während wir ihr Schätzchen, einen originalen Ford Crown Victoria Police Interceptor, bewundern, berichten sie, wie alles begann: «Ein Freund hat mich vor einigen Jahren zu einem US-Car-Treff mitgenommen», erzählt Marcel, der im wahren Leben ebenfalls Polizist ist. «Davor hatte ich nur so kleine Rutscherle.» Danach kam der gelernte Maschinenmechaniker auf den Geschmack, fing mit einem 88er-Camaro zu schrauben an. «US-Autos sind nicht so seelenlos, sondern haben einen eigenen Charakter. Ich mag ausserdem das entspannte Fahren», schwärmt er. Viviane war mit 19 bereits zum ersten Mal in den Vereinigten Staaten. Beide zusammen reisten schon mehrere Male über den grossen Teich, bewunderten dort die Fahrzeuge der Cops und die Taxis. Die Idee, sich selbst nach einem Polizeiauto umzusehen, kam bei einer Hochzeit: «Die Braut wurde in einem 1974er-Dodge der Highway Patrol gebracht», erinnert sich Viviane. «Danach habe ich angefangen, im Internet zu suchen. Ein LAPD-Auto war unser Traum», fügt Marcel hinzu. Ein Traum, der sich erfüllte. Tatsächlich fand er in Deutschland einen Ford Crown Victoria Baujahr 2005, der früher beim LAPD im Einsatz war. Mit Originallackierung und wieder aufgebaut mit Originalteilen wie Blaulicht, Sirene, Bumper sowie Klebern des LAPD, die schon der Vorbesitzer in den USA besorgt hatte – ebenso wie die LAPD-Uniform, die Marcel samt Waffengurt übernehmen konnte. 

Behördenauto und Taxi

In den USA war der Ford Crown Victoria, der zwischen 1992 und 2011 gebaut wurde, vor allem bei Behörden und der Polizei äusserst beliebt. Die zweite Generation (ab 1997) wurde seit 2007 nicht mehr an Privatpersonen ausgeliefert. 

Vorteile der Limousine: Durch die Kastenrahmen-Bauweise ist sie nicht nur robust, sondern günstig zu reparieren. Der Hinterradantrieb mit Starrachse ist ausserdem weniger anfällig, wenn beispielsweise im Einsatz mal der Bordstein mitgenommen wird. Die Polizeiversion namens Police Interceptor verfügt zudem über ein verstärktes Fahrwerk, härtere Federn sowie grössere Bremsscheiben vorn und hinten. «Dadurch fährt er sich etwas ruppig», findet Marcel. Dafür ist der Police Interceptor für amerikanische Verhältnisse flott unterwegs. Unter der Haube schlummert ein klassischer Sauger: Der 4,6-Liter-V8 bringt es umgerechnet auf 242 PS und macht den Ford rund 200 km/h schnell.

Zusätzlich zu den regulären drei Gängen hat der Automat noch einen Overdrive-Schongang, der die Motorendrehzahl reduziert: «Warning: Use Overdrive during High Speed Pursuit», mahnt ein Aufkleber, der neben dem Schalthebel am Lenkrad prangt – bei Verfolgungsjagden soll man stets den Overdrive benutzen. Es sind vor allem diese Details, die den Charme des US-Polizeiwagens ausmachen.

Bubentraum mit Blaulicht

Jetzt möchte ich aber doch auf den extrem breiten Fahrersitz. Spontan muss ich an die typischen Film-Cops denken, die pausenlos Donats in sich hineinschaufeln. Die Sitze sind zum Glück elektrisch verstellbar. Nachdem der fast 1,90 Meter grosse Marcel am Steuer sass, muss ich ziemlich weit vorfahren, um überhaupt an die Pedale zu kommen.

 Der Polizist, der in der Zwischenzeit in sein Cop-Outfit geschlüpft ist, erklärt derweil das Cockpit: «Der Laptop für die Personenabfrage ist natürlich Fake.» Echt ist hingegen die Schaltanlage für Blaulicht und Sirene, die für die Zulassung im Strassenverkehr abgedeckt und vom Strom abgehängt sein müssen. Für das Shooting auf abgesperrtem Gelände hat Marcel sie extra wieder aktiviert. «Uiii, uiii, uiii», tönt es   ohrenbetäubend aus den Lautsprechern. Genau wie im Film – oder eben auf den Strassen von Los Angeles. Megacool! 

Ebenfalls original sind die Suchscheinwerfer links und rechts der A-Säulen, die vom Cockpit aus manuell bedient werden. «Die habe ich wohl etwas zu fest geputzt», schmunzelt Marcel, im Augenblick funktionieren sie leider nicht. Funktionstüchtig ist dagegen das taktische Innenlicht an der Decke, das für verdeckte Ermittlungen auf gedämpftes Rot gestellt werden kann.

Darf ich auch mal fahren? Ausnahmsweise lässt mich Marcel eine kleine Runde drehen, sogar ohne ihn als Beifahrer. Zu meiner Überraschung ist der Sound des V8 eher dezent, der Durchzug dafür ordentlich. Der Dreigang-Automat schaltet spät und dreht die Gänge relativ hoch. Man spürt aber, dass der Ford mit einem Gesamtgewicht von über zwei Tonnen kein Leichtgewicht ist. Die Servolenkung fällt für einen Ami hingegen nicht allzu schwammig aus. Genauso wie die Federung. «Fährt man mit dem Ford richtig flott in die Kurve, kommt das Heck mit quietschenden Reifen», mutmasse ich. «Das habe ich ehrlich gesagt noch nie ausprobiert», versichert Marcel. Da kommt wohl der Gesetzeshüter in ihm durch. Aber so ein Ami ist schliesslich auch zum gechillten Cruisen geeignet. 

Zugeständnisse an den Komfort

Um am eigenen Leib zu erfahren, wie es sich anfühlt, hinten in einem Streifenwagen mitzufahren, lasse ich mich prompt verhaften. Marcel mimt fürs Foto überzeugend den «Bad Cop» und verfrachtet mich unsanft auf die Rückbank. Die ist dann aber gar nicht so unbequem wie gedacht, sondern ziemlich weich gepolstert. Normalerweise haben es die Ganoven allerdings nicht ganz so bequem und hocken auf einer schmalen Plastikbank, die leichter abwaschbar ist als der Plüschbezug. Der mit Gummibelag ausgekleidete Fussraum mit kleinem Abflussloch ist ein dezenter Hinweis auf den Alltag in den Strassen von LA. Man kann sich gut vorstellen, welche Flüssigkeiten da abfliessen sollen ...

Nicht mehr an Ort und Stelle ist dagegen das Gitter, das die Officer vor den Insassen im Fond schützen soll. Ebenfalls ein Zugeständnis an den Passagier-Komfort sind die improvisierten Türgriffe, die Marcel nachträglich eingebaut hat. Denn er nutzt seinen Ford Crown Victoria heute für Events und als Hochzeitsauto. Ganz ohne Ausstiegsmöglichkeiten kämen sich die Brautpaare vielleicht doch ein bisschen eingesperrt vor. Wer es dennoch versuchen möchte, findet unter www.copcar.ch weitere Infos, auch zu Marcels neuesten Projekten: So besitzt er einen 68er-Plymouth-Vailant und schraubt aktuell an einem Chevrolet C10 Pick-up von 1972. Einmal US-Car-Fan, immer US-Car-Fan.

Text: Michael Lux
Fotos: Vesa Eskola

Ford Crown Victoria Police Interceptor

• V8-Sauger
• 4601 cm3, 178 kW/242 PS,
• 389 Nm bei 4100/min
• 3-Gang-Automat mit Overdrive, Hinterrad
• ca. 12,0 l/100 km, 0–100 km/h k.A., Spitze 200 km/h
• L/B/H: 5385/1986/1443 mm
• Leergewicht: 1788 kg
• Gesamtgewicht 2695 kg
• Ladevolumen: 583 l
• Bj. 2005
• Preis: 5000 bis 15 000 Franken.

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