

Eigentlich ist die neue G-Klasse ein absolutes Meisterwerk. Besser im Gelände mit dem neuen Offroad-Cockpit, unzähligen Fahrprogrammen und weiteren Kameras, die sogar den Boden filmen, transparenter Motorhaube im Fachjargon. Dass man nun auch beim Fahrwerk fröhlich zwischen maximalem Komfort und sportlicher Härte umstellen kann, verdankt man der AMG ACTIVE RIDE CONTROL mit hydraulischer Wankstabilisierung.
Das 48-Volt-Mild-Hybrid-System unterstützt das Offroad-fahren im tiefen Drehzahlkeller und hilft Onroad für aberwitzige Beschleunigungsorigien. Ganz Mercedes-like sind neu ausserdem feinste Sicherheits- und Fahrassistenzsysteme an Bord. Kurz: Die Baureihe W 465 ist der letzten in allem überlegen. Die neue G-Klasse erkennt man sofort. Beim Kühlergrill. Dort haben die Designer ganze Arbeit geleistet: Neu sind es vier, statt drei Lamellen.
Statt auf den Mount Schöckl ist der Monte Verità oberhalb von Ascona der eigentliche Einsatzort der G-Klasse. Der Hügel über Ascona ist eine der begehrtesten Wohnadressen der Schweiz.
Der Blick über den Lago Maggiore in jeglicher Hinsicht: unbezahlbar. Doch vor 125 Jahren war der Monte Verità das krasse Gegenteil: Hier wurde die erste Hippie-Kommune der westlichen Welt begründet.
Zwar hätte man dank der Offroad-Fähigkeiten die Treppe von Ascona zum Monte Verita hinauf fahren können. Denn das Auto ist grundsätzlich ein Geländefahrzeug, ein reinrassiger Offroader, der hart im Nehmen ist. Leiterrahmen, Starrachse hinten und drei mechanische Differenzialsperren. Das ermöglicht eine Steigfähigkeit bis zu 100 Prozent, maximale Wattiefen von 70 Zentimeter und Schräglagen von bis zu 35 Grad. Nur durch viele Missverständnisse wurde die G-Klasse zum Statussymbol der Kardashians.
Schneller als die Windgeräusche
Mercedes nennt zwar keine offiziellen Zahlen, aber es heisst, dass über 80 Prozent aller in der Schweiz verkauften G-Klassen die magischen drei Buchstaben AMG im Namen tragen. Wenn schon, denn schon! Der von uns getestete goldene Mercedes-AMG G 63 beschleunigt mit 4,4 Sekunden schneller von 0 auf 100 km/h als die meisten Sportwagen. Unter dem Deckel arbeitet der AMG 4,0-Liter-V8-Biturbo mit 430 kW/585 PS. Kurzzeitig macht die erstmals eingesetzte 48-Volt-Technik weitere 15 kW/20 PS und 200 Nm locker, sodass insgesamt über 1000 Nm zur Verfügung stehen. Dem ganzen einen (elektrischen) Riegel vorgeschoben wird erst bei 220 km/h. Das wird allerdings eine laute Nummer. Trotz der neuen A-Säulenverkleidung, der Spoilerlippe an der Dachzierleiste und neuen Isolationsmaterialien muss man sich im Inneren aufgrund der hohen Windgeräusche ziemlich laut anschreien.
G-Klasse auch bei der Effizienz
Gelände-Skills, Beschleunigungswerte und Muskelspiele sind auf einer Testfahrt ins Tessin drittrangig: Denn mit dem 273’800 Franken teuren Testwagen haben wir Mercedes gemäss Leih-Vertrag versprochen, nicht gleich quer durchs Gelände zu fräsen. Vollgas geben durch den Gotthardtunnel geht ebenfalls nicht. Und trotz fünf Onroad-Programmen „Glätte“, „Comfort“, „Sport“, „Sport+“ und „Individual“ brauchen wir auch nur dasjenige, das am wenigsten teuer an der Tankstelle ist. Einen Fahrmodus, wie man das wohl unaerodynamischte Fahrzeug aller Zeiten in die Nähe der WLTP-Angabe von 15,7 l/100 km bekommen soll, konnten wir nicht finden. So steht das G der G-Klasse auch für dessen Energieeffizienz-Kategorie. Obwohl: 80 Prozent aller je gebauten G-Klassen sind immer noch im Strassenverkehr oder im harten Gelände unterwegs. Und was ist schon klimafreundlicher als ein Auto, das Jahrzehnte im Einsatz ist?
Technische Daten
Mercedes-AMG G 63
- Motor: V8-Biturbo-Benziner, 3982 cm3
- Leistung: 430 kW/585 PS bei 6000/min
- Drehmoment: 850 Nm bei 2500/min
- Getriebe: Neungang-Automatik
- Antrieb: Allrad
- 0–100 km/h, Höchstgeschwindigkeit: 4,4 s, 220 km/h
- Verbrauch (WLTP): 15,7 l/100 km
- CO2-Emissionen: 358 g/km
- Effizienzkategorie: G
- Leergewicht, Zuladung: 2565 kg, 635 kg
- Anhängelast gebremst: 3500 kg
- L/B/H, Radstand: 4873/1984/1976 mm, 2890 mm
- Wendekreis: 13,4 m
- Reifen: 275/50 R20
- Kofferraum: 640-2010 l
- Tankinhalt: 100 l
- Preis: ab 239 900 Franken (Testfahrzeug: 273 800 Franken)
Text: Jürg Zentner
Bilder: MB