SynFuels

SynFuels für den Schweizer Motorsport

Die CO2-Uhr tickt. Soll in der Schweiz wie bis anhin Rennsport betrieben werden, müssen die Motorsportler jetzt eine Vorreiterrolle übernehmen. Die Mittel zu mehr Umweltverträglichkeit sind vorhanden. Die SynFuel-Pioniere Markus Hotz, Mario Illien, Lorenz Herr und Marcel Fässler wollen den CO2-Stein mit einem Konzept ins Rollen bringen, das mehr Sparsamkeit ohne Leistungsverlust verspricht.

Veröffentlicht am 23.09.2023

Spätestens seit der Ankündigung des drohenden Verbrennerverbots ab 2035 durch die EU sind die CO2-neutralen Treibstoffe wie E-Fuel und SynFuel in aller Munde. Der Unterschied: E-Fuel wird erst in vier bis acht Jahren verfügbar sein und momentan nur in Labormengen, SynFuel schon jetzt. Damit sollte auch dem Letzten klar sein, dass es so wie bisher nicht mehr weitergehen wird – das gilt auch für den Motorsport. Man kann nur von Glück reden, dass sich die hohen Damen und Herren in Brüssel von ihrem vorgeschlagenen Kurs ein Stück weit haben abbringen lassen und wenigstens dem Fahrzeugbetrieb mit synthetischen Kraftstoffen noch zustimmten. (Verbrenner nach 2035 teils doch erlaubt!)

Aber wo kommen die her oder wer produziert sie? Stellt man den Politikern – allen voran den Grünen – diese Frage, blickt man teils in ratlose Gesichter. Jeder weiss, dass es so nicht weitergehen kann, doch keiner wagt es, den ersten Schritt zu unternehmen beziehungsweise entsprechende Massnahmen zu ergreifen.

Vom Motorsport auf die Strasse


Markus Hotz (links), Gründer der HORAG Hotz Racing AG, im Gespräch mit auto-illustrierte-Redakteur Jörg Petersen.

Dass die Serienmodelle von den Entwicklungen aus dem Motorsport profitieren, ist längst kein Geheimnis mehr. Jüngstes Beispiel ist das aus der Formel 1 stammende DRS, das man dem Porsche 911 GT3 RS verpasst hat. Das lässt sich mittlerweile auch eins zu eins auf die CO2-neutralen Treibstoffe übertragen. Schweizer Motorsportler machen sich dafür besonders stark. Seit 2020 haben sich Markus Hotz (Gründer HORAG Hotz Racing AG), Fredy Lienhard (Unternehmer und Gründer der «autobau»-Erlebniswelt) und Motoren-Papst Mario Illien (ILMOR Engineering) zu wahren SynFuel-Pionieren gemausert – wohlgemerkt aus persönlicher Überzeugung und auf eigene Rechnung.

«Wir müssen endlich etwas für den Motorsport tun»

«Wollen wir nach wie vor unseren Motorsport in der Schweiz betreiben, müssen wir endlich etwas dafür tun», sagt Markus Hotz. «Nicht erst 2025, sondern jetzt. Beim Bergrennen in Oberhallau haben wir im vergangenen Jahr bewiesen, dass Verbrennungsmotoren auch mit Brennstoffen aus regenerativ hergestellter Energie wie Wind, Sonne, Wasserkraft oder begrenzt auch aus Biomasse betrieben werden können.» Seinerzeit jagten keine Geringeren als Marcel Fässler und Neel Jani in ihren Boliden die drei Kilometer lange Strecke den Berg hinauf. Und das funktionierte prima.

In Dornröschenschlaf verfallen


Die beiden SynFuel-Boliden von autobau (im Hintergrund) und HORAG Racing.

Eigentlich ein gefundenes Fressen, auf das sich Industrie, Politik und die Motorsportbehörde eigentlich stürzen müsste. Denkste! Keiner aus diesem Trio springt bislang auf den bereits fahrenden Zug auf. Industrie und Grüne schlafen ihren Dornröschenschlaf. Markus Hotz: «Die Unterstützung seitens der Politik ist nur da, wenn wir sie auch abholen wie beispielsweise in Oberhallau. Wir machen ja eigentlich die Arbeit der Grünen. Und die oberste Schweizer Motorsportbehörde ASS schafft es nicht, obwohl sie früh eingebunden war, die zwei bis drei Autos, die mittlerweile mit den synthetischen Kraftstoffen ihre Wettbewerbe betreiben, auch für die Zuschauer klar erkenntlich zu machen.»

Die Vorteile mit SynFuel wären enorm

Marcel Fässler bringt es auf den Punkt: «Wir müssen als Motorsport-Idealisten vorangehen, damit wir auch in fünf Jahren unseren Sport noch betreiben können. Im Moment ist es so, als ob wir einen Penalty ohne Goalie haben, aber niemand getraut sich zu schiessen. Würden bei den Berg- und Slalomrennen alle mit diesem alternativen Kraftstoff fahren, wäre dies für das Image des Schweizer Rennsports gigantisch.» Ein Vorteil, den man beim Bergrennen in Oberhallau gelegt hat.


Marcel Fässler macht sich stark für die Verwendung von SynFuels im Motorsport.

«Mit SynFuel hat der Schweizer Rennsport noch eine Berechtigung, bevor Klimaaktivisten und die Politik die Motorsportevents wegen des unnötigen oder zu hohen CO2-Ausstosses verbieten und uns den Hahn zudrehen.» Selbst die Organisatoren können ihre Veranstaltung als CO2-neutral präsentieren, was das Einholen der jeweiligen Bewilligungen bei den Gemeinden und Kantonen wesentlich vereinfachen dürfte. Kurz: Die CO2-Neutralität ist ein Argument, das keiner ignorieren oder abstreiten kann.

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Doch was macht diesen Sprit so einzigartig? «Der zu 100 Prozent aus fossilfreien Basisstoffen wie Abfällen aus Landwirtschaft und Kommunen, Speisefettresten etc. produzierte Kraftstoff wurde von uns bei ILMOR Engineering in England mit Prüfstandläufen getestet», sagt Mario Illien. «Dabei kam heraus, dass es sich nicht nur um einen erstaunlich guten Kraftstoff handelt, sondern auch die CO2-Neutralität bei 85 Prozent liegt.» Und auch auf Empfehlung der EMPA erfolgte, rund um das Team von Christian Bach, eine Prüfung in einem Schweizer Labor. Bach bescheinigte dem Moscht, dass «es sich hier tatsächlich um ein praktisch fossilfreies Benzin handelt.»

Reinschütten und losfahren

Alles schön und gut. Doch was sind an Umbauarbeiten am Verbrennermotor vorzunehmen, um das SynFuel überhaupt verwenden zu können? «Wir haben es bei uns ausprobiert und es einfach in die Tanks mehrerer Rennwagen sowie Oldtimer geschüttet, die vorher noch mit normalem Kraftstoff fuhren. Es funktionierte alles problemlos – ohne irgendwelche Veränderungen am Motor», hält Mario Illien fest. Und in Sachen Leistungs- oder Drehmomentverlust? «Die Leistung blieb nahezu gleich, das Drehmoment stieg sogar um bis zu zwei Prozent leicht an und auch der Verbrauch war etwas besser», fügt Illien an.


Noch sind die Kosten für das Betanken mit SynFuels höher, halten sich bei Berg- und Slalomrennen aber im Rahmen.

Die Kosten des Benzins sind im Moment noch hoch. Da aber im Gegensatz zu den Rundstreckenrennen bei den Bergrennen und den Slalomveranstaltungen keine grossen Mengen gebraucht werden, bleiben die Kosten überschaubar. Hotz: «Der Verkauf des SynFuel ist für die Horag Future Energy momentan nur mit Kosten für die Realisierung verbunden. Selbst der Verkauf ist momentan nur kostendeckend.» Marcel Fässler: «Bei einem sehr gut geschätzten Verbrauch von 50  Litern pro Event kämen so Mehrkosten von rund 150  Franken auf die Piloten zu. Das sollte es uns Motorsportlern eigentlich wert sein, um unseren Sport künftig weiterhin betreiben zu können.»

Die Basis ist also gelegt, ohne die E-Mobilität infrage zu stellen. Sie hat durchaus ihre Berechtigung. Doch gilt es, mit SynFuel eine Alternative aufzuzeigen, damit wir uns hierzulande nach 2025 am Schweizer Motorsport und der Oldtimerszene erfreuen und zu einem späteren Zeitpunkt auch den Serienmodellen mit Verbrennermotoren zu mehr Umweltverträglichkeit zu verhelfen.

Text: Jörg Petersen
Fotos: Markus Kunz/auto-illustrierte, David J. Hotz

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