Classic

Triumph TR250 – Italienischer Brite

Der Triumph TR250 ist ein britischer Roadster mit italienischer Seele – gebaut für nur ein Jahr, fast vergessen und doch voller Stil. Warum Kenner ihn lieben? Weil er mehr ist als nur ein Kompromiss.

Veröffentlicht am 08.08.2025

Nur Kenner der klassischen Roadster-Szene schätzen den Triumph TR250 auf Anhieb richtig ein. Dieser nur von 1967 bis 1968 gebaute Zweisitzer markiert ein automobilhistorisches Bindeglied: Er verbindet britisches Understatement mit italienischer Formensprache – und ist zugleich ein Kind transatlantischer Kompromisse der späten sechziger Jahre.
 
Mit seinem vom Turiner Giovanni Michelotti entworfenen Karosseriedesign, das eine subtile Eleganz und feine Linienführung in die traditionsreiche TR-Baureihe brachte, tritt der TR250 stilistisch als mondänerer Bruder des kernigen TR4 in Erscheinung. Tatsächlich basiert er weitgehend auf dem Triumph TR4A/TR5 und übernimmt dessen betont europäische Silhouette. Die Front spannt sich über eine lange, konturierte Motorhaube mit charakteristischer Wölbung; die Kotflügel wölben sich muskulös über die Räder. Hinten zeigt sich ein sanft abgeflachtes Heck mit angedeuteten Finnenansätzen – Michelottis Handschrift verleiht dem Briten einen Hauch Dolce Vita. Die nahezu senkrecht endende Heckpartie greift bereits das Kamm-Heck-Prinzip auf, das Ende der sechziger Jahre als aerodynamischer Königsweg galt. Der Nachfolger TR6 folgte diesem Trend mit einem konsequent flach abgeschnittenen Heck und wirkte dadurch deutlich moderner.

Doch schon der TR250 verschmolz traditionelle britische Sportwagen-Tugenden mit italienisch inspirierter Linie – ein markantes Ausrufezeichen zwischen zwei Epochen.


So aussergewöhnlich wie sein Äusseres ist auch seine Entstehung. Der TR250 resultierte aus der Notwendigkeit, den in Europa erfolgreichen Triumph TR5 PI mit seiner mechanischen Benzineinspritzung an die strengeren US-Vorschriften anzupassen. Das Kürzel „PI“ stand für „Petrol Injection“ – eine damals revolutionäre Technik, die dem zweieinhalb-Liter-Reihensechszylinder satte 143 PS verlieh und für einen Sprint von null auf 100 km/h in rund acht Sekunden sorgte. Doch ausgerechnet in den leistungsverwöhnten USA war dieses System wegen neuer Abgasgesetze nicht zulassungsfähig.

Sechszylinder rules

Triumph reagierte pragmatisch: Für Nordamerika wurde der TR5 zum TR250 – mit konventioneller Gemischaufbereitung über Doppelvergaser. Diese „gezähmte“ Version leistete nur noch rund 105 PS und benötigte gut 10,6 auf 100 km/h – ein spürbarer Rückschritt auf dem Papier. Kein Wunder, dass sich mancher US-Enthusiast um seinen rechtmässigen TR5 beraubt fühlte.

Dabei bot der TR250 durchaus eigene Qualitäten. Zwar stieg die Spitzenleistung gegenüber dem alten TR4A nur marginal, doch das Drehmoment des neuen Sechszylinders legte deutlich zu – von 174 auf 206 Newtonmeter, und das bei niedrigerer Drehzahl. Damit fühlte sich der TR250 im Alltag elastischer an als sein vierzylindriger Vorgänger; vor allem aber lief der Sechszylinder kultivierter und vibrationsärmer. Fachleute lobten, das Aggregat könne kaum noch sanfter laufen und verwandle den Charakter des TR vom rustikalen Wildfang zum entspannten Gleiter.
 
In der Tat prägt der laufruhige Motor bis heute das Fahrerlebnis. Seidig hängt er am Gas und ermöglicht schaltfaule Ausfahrten – endlose Cruising-Etappen mit 80 mph (130 km/h) liegen ihm im Blut, ohne dass sein robustes Innenleben darunter leidet. Akustisch wird das Erlebnis von einem satten Reihensechser-Grummeln begleitet, das Kenner an einen grossen Austin-Healey erinnert.

Auch fahrwerksseitig stellt der TR250 einen Schritt nach vorn dar. Er übernahm von der letzten TR4A-Serie die zuvor aufpreispflichtige Einzelradaufhängung hinten nun serienmässig. Diese unabhängige Radaufhängung verleiht dem Wagen ein spürbares Plus an Traktion und Komfort – keine Selbstverständlichkeit in einem britischen Roadster jener Ära. Bodenwellen und schlechte Strassen meistert der TR250 erstaunlich gelassen; das Heck bleibt auch in zügig gefahrenen Kurven gutmütig. Natürlich darf man von dem Leiterrahmen-Chassis und der betagten Konstruktion keine Wunder erwarten – in puncto Steifigkeit und Präzision konnte der TR250 nie mit den agileren Fahrmaschinen a la Lotus mithalten. Doch sein Fahrverhalten entspricht dem Charakter des Autos: sportlich genug, aber immer mit einer gewissen Nachgiebigkeit, die zum entspannten Offenfahren passt.

Britisch-Italienische DNA für die USA

Seine transatlantische Bestimmung zeigt sich in vielen Details. So mussten ab 1968 in den USA orangefarbene Seitenmarkierungsleuchten an Front und Heck installiert werden – der TR250 erfüllte dies mit dezent in die Kotflügel integrierten Lampen. Auch innen wurde manches den amerikanischen Sicherheitsvorgaben angepasst: Triumph verbaute etwa ungewohnt grosse Wippenschalter anstelle filigraner Kippschalter, um Verletzungsrisiken zu mindern. Selbst die klassischen Drahtspeichenräder mit Zentralverschluss wichen beim US-Modell schlichten Stahlfelgen mit Radkappen, da hervorstehende Flügelmuttern als Gefahr galten. Zudem erkennt man den TR250 an einem breiten Zierstreifen, der horizontal über Kühlergrill und Motorhaube verläuft – ein verspieltes Detail, das exklusiv dem US-Modell vorbehalten war.
 
Die Summe dieser Massnahmen macht klar: Der TR250 war ein Triumph, der sich dem amerikanischen Markt beugte, ohne seine britisch-italienische Identität völlig zu verleugnen. Mit nur 8484 produzierten Exemplaren bleibt er ein seltener Anblick – zumal der Grossteil davon in den USA verblieb und erst später einige Fahrzeuge den Weg zurück nach Europa fanden. Ironischerweise übertraf er damit den TR5 in den Verkaufszahlen deutlich: Die Einspritzer-Version kam in 15 Monaten nur auf 2947 Stücke. Das zeigt, wie wichtig der amerikanische Markt für Triumph bereits war.

Der folgende TR6 setzte ab 1969 neue Akzente mit schärferem Design – hier traf britische Basis auf Feinschliff vom deutschen Karosseriebauer Karmann – und avancierte mit fast 95 000 gebauten Einheiten zum Bestseller der TR-Reihe.

Beste aus zwei Welten

Der TR250 jedoch blieb ein einjähriges Intermezzo, das lange im Schatten des populären TR6 stand. Heute erfährt dieser „vergessene“ Triumph endlich die Würdigung, die ihm zusteht. Was einst als Notlösung für US-Vorschriften belächelt wurde, gilt nun als reizvolle Mischung aus Stil und Substanz. Sammler schätzen den TR250 als den Triumph, der das Beste aus zwei Welten vereint: Er besitzt die klare, elegante Linienführung Michelottis – manche halten den TR250 gar für die gelungenste Form der gesamten TR-Reihe – gepaart mit der Kraft und Laufkultur des Sechszylinders, die erst der Nachfolger TR6 sonst bot.

Lange Zeit führte der TR250 ein Schattendasein selbst unter Triumph-Liebhabern, doch diese Ära ist vorbei – in den USA zählt er inzwischen zu den gesuchtesten und wertvollsten Modellen der TR-Familie. Vielleicht liegt es daran, dass man in ihm den charaktervollen Schlusspunkt einer Epoche erkennt: Der TR250 verkörpert das letzte Aufbäumen klassischer britischer Roadster-Tradition, veredelt durch italienischen Esprit, bevor die siebziger Jahre mit neuen Formen und Reglements anbrachen. In seiner gelungenen Mischung aus Understatement und Finesse ist der Triumph TR250 heute so etwas wie ein guter Jahrgangswein der Automobilgeschichte – kein lauter Superstar, sondern ein Connaisseur-Stück, das mit jedem Jahr an Aroma gewinnt.

Steht zum Bestaunen (und Sabbern) bereit – bei Goodtimer in St. Margrethen. Einfach hinfahren!

 

Text: GAT
Bilder: Lienhard Bildwerke

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