150. Geburtstag Ferdinand Porsche

Genie zwischen Ruhm und Schuld

Ferdinand Porsche baute das erste Hybridauto der Welt, entwickelte legendäre Mercedes-Modelle, schuf den VW Käfer – und verstrickte sich tief ins NS-Regime. Ein Leben zwischen Vision und Widerspruch: Am 3. September wäre Ferdinand Porsche 150 Jahre alt geworden.

Veröffentlicht am 08.09.2025

Am 3. September 1875 wurde im böhmischen Maffersdorf ein Junge geboren, der die Welt auf Rädern neu erfinden sollte. Ferdinand Porsche – Sohn eines Spenglers, war schon als Teenager elektrisiert von Strom, Kabel und Zahnräder. Während andere Kinder mit Steckenpferden spielten, installierte er in der heimischen Werkstatt eine elektrische Lichtanlage – das Dorf staunte.

Radnabenmotor-Patent 

Mit nur 21 Jahren, 1896, liess Ferdinand Porsche einen von ihm entwickelten Radnabenmotor patentieren – eine Technologie, die aktuell wieder von vielen Autofirmen aufgegriffen wird. 1898 präsentierte er in Wien den „Lohner-Porsche“ mit Radnabenmotor. Das Elektroauto war eine Sensation, der Zukunft weit voraus. 1900 baute Porsche das erste Hybridfahrzeug, den Semper Vivus. Die Welt war noch nicht bereit für diese Innovation. Es dauerte ein ganzes Jahrhundert, bis sich die Hybridtechnologie auf breiter Ebene durchsetzte. 

Austro-Daimler Sascha

Im Jahr 1906 wechselte Porsche als Entwicklungschef zu Austro-Daimler. Dort durfte er sich austoben und baute Motoren sowohl für Flugzeuge, Luftschiffe und Motorfahrzeuge. Nach dem 1. Weltkrieg entwickelte er den ersten Porsche-Rennwagen für Austro-Daimler: Sascha. Sascha gewann auf Anhieb die Targa Florio in seiner Klasse. Bis 1922 konnten die Rennwagen bei 52 Starts 51-mal gewinnen. Dann wurde Porsche von Austro-Daimler das Budget gestrichen. Porsche zog weiter nach Stuttgart. 

Legendäre Mercedes Modelle

Als neuer Chefkonstrukteur von Daimler entwickelte Porsche ab 1923 Fahrzeuge wie den Mercedes-Benz SSK, die zu Rennlegenden werden. Er perfektionierte Geschwindigkeit und Eleganz und baute für Mercedes-Benz Meilensteine der Automobilgeschichte. 

Sein eigener Herr 

Porsche hielt es nicht lange an einem Ort, an dem gespart werden musste. 1931 gründete er sein eigenes Konstruktionsbüro: Dr. Ing. h. c. F. Porsche GmbH, Konstruktionen und Beratung für Motoren und Fahrzeuge. In seiner Garage entstand die Vision vom „Volkswagen“, einem erschwinglichen Wagen für jedermann. 

Pakt mit dem Teufel 

Der spätere VW Käfer wurde zwar zur Ikone des Wirtschaftswunders – geboren war er jedoch im Auftrag des NS-Regimes. 1937 trat Ferdinand Porsche der NSDAP bei. Im Auftrag Hitlers konstruierte er ab 1934 den KdF-Wagen, der nicht mehr als 1000 Reichsmark kosten durfte. Das Kleinauto und die Fabrik wären 1939 eigentlich parat gewesen. Doch es kam der Zweite Weltkrieg. Und damit das Aus für den KdF-Wagen. 

Berlin-Rom-Wagen

Kurz davor baute Ferdinand Porsche auf Basis eines VW Käfers den Porsche 64, der auch als Berlin-Rom-Wagen bekannt wurde. Das ultraleichte Stromlinienfahrzeug aus Aluminium (535 kg) sollte die Strecke Berlin-Rom in Rekordgeschwindigkeit (160 km/h) zurücklegen können. Der Porsche 64 diente später als Vorlage für den ersten „echten“ Porsche, den 356er. 

Kübel- und Schwimmwagen

Porsche arbeitete auch während des Zweiten Weltkriegs sehr eng mit den Nationalsozialisten zusammen. 1939 wurde er von Hitler zum Wehrwirtschaftsführer ernannt und engagierte sich stark in der Kriegsindustrie. So konstruierte Porsche für die Nazis Militärfahrzeuge wie den berüchtigten Kampfpanzer „Tiger“, das Amphibienfahrzeug VW Schwimmer oder den allradgetriebenen Kübelwagen. Für die Umsetzung seiner Visionen arbeiteten tausende Zwangsarbeiter aus Konzentrationslagern für Porsche. 

Schuld und Sühne 

Nach dem Krieg folgte der Absturz. Ferdinand Porsche verbrachte 22 Monate in einem französischen Gefängnis, wegen Verschleppung französischer Bürger. Er wurde 1948 von einem französischen Gericht freigesprochen, da ihm keine Verantwortung für die vorgeworfenen Vergehen und Verbrechen nachgewiesen werden konnte. Am 10. Juni 1949 füllte Porsche seinen Meldebogen für das Entnazifizierungsverfahren aus. Doch die Schuld der Vergangenheit lastete weiterhin auf ihm – bis zum Schluss. 

1951 starb Ferdinand Porsche, gezeichnet und umstritten. Doch sein Sohn Ferry führte sein Lebenswerk weiter und setzte seine Visionen um. 1948 rollte der Porsche 356 auf die Strasse. Es war die Geburtsstunde einer Marke, die weltweit zum Synonym für Sportwagen werden sollte. 

Ferdinand Porsche hinterlässt ein widersprüchliches Erbe. Er war Visionär der Elektromobilität, Schöpfer von Rennwagen und Volkswagen, Vater einer ikonischen Automarke – und zugleich ein Mann, der seine Genialität in den Dienst eines verbrecherischen Regimes stellte. 

Text: Jürg Zentner

Bilder: Porsche

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